Sie befinden sich hier: Theater / Tournee / Konzerte / weitere Konzerthighlights / Musical Allstars / 10 Jahre Musical Allstars 2018
Theater




Anzeige


1911_KDL_HAM_160x600
Anzeige
Anzeige
Anzeige


Gipfeltreffen der Musical-Allstars zum 10-jährigen Jubiläum 2018 in Duisburg

"G 16" in Duisburg: Vokalpower mit Charme und Witz

Für die Musical-Fans hierzulande fängt das Jahr 2018 gut an. Auch wenn es dann schon einige Tage auf dem Buckel hat. Am 20. Januar versammeln sich die Bühnen-Größen zum Gipfeltreffen – im ehemaligen Revier von Kriminalhauptkommissar Horst Schimanski – Gott hab’ ihn selig. Duisburg, das dahingehend auch schon bessere Zeiten erlebt hat, wird für einen Abend zum Mekka der Szene. Die “Allstars” halten Hof – im Theater am Marientor. Große Namen locken. Die Besetzungsliste liest sich wie das Who’s Who des europäischen Musiktheaters.  

So viel geballte Vokalpower auf einem Haufen bekommt man selten zu sehen bzw. zu hören. Der Grund für diesen Promi-Auflauf: Die Gala-Reihe, die besagten und jeweils in wechselnder Konstellation auftretenden Top-Künstlern ihren Namen verdankt, feiert 10. Geburtstag. Und wenn sich die “Musical Allstars” die Mikrofone krallen, ist das keiner jener Null-Acht-Fuffzehn-Events, mit denen diverse Veranstalter und Tourneeanbieter auf der Suche nach dem schnell verdienten Euro seit Jahren den Ruf einschlägiger Konzertproduktionen erfolgreich ruinieren: durch überteuerte Tickets und dilettantische Umsetzungen, durch miese Playbackeinspielungen statt handgemachter Live-Musik. Und mit Akteuren, die hierzulande kein Mensch kennt, die aber angeblich schon in allen großen Inszenierungen in der ersten Reihe gestanden haben.

Irgendwo im Land mühen sich dahingehend jeden Abend wild zusammen gewürfelte Billig-Ensembles in irgendeiner tristen, provinziellen Stadthalle ab. Und was dabei herauskommt, ist meist erschreckend peinlich. Mit dem Ergebnis, dass sich die enttäuschten Besucher schwören: Nie wieder!

Von Anfang an eine Erfolgsgeschichte

Arnim Bartetzky, ausgebildeter Kirchenmusiker, Bandleader und gelernter Ton- und Bildingenieur, hatte vor zehn Jahren damit begonnen, diesem sich inflationär ausbreitenden Ramsch Qualität und Niveau entgegen zu setzen. Das “Allstars”-Projekt  war geboren. Sein Baby. Von der Konzeption her durchdacht, von der Performance her höchst professionell. Und was das personelle Portfolio anging, einzigartig. Kein Akteur von Rang und Namen, der in den vergangenen Jahren nicht mindestens einmal temporäres Mitglied des schillernden Ensembles war. Es blieb jedoch stets bei einem, höchstens zwei ausgewählten Terminen pro Saison. Weil es nicht möglich war und ist, eine so hochkarätige Cast über längere Zeit hinweg zu blocken. Die beteiligten Künstler stehen ja zum Teil noch bei anderen großen Produktionen unter Vertrag und werden nicht für Wochen freigestellt. Aber diese Angebotsverknappung wirkt sich auch belebend aus und verleiht dem Ganzen Exklusivität, einen Hauch von Einmaligkeit.

Hochkaräter lassen es krachen

Das “Best-of”-Treffen diesmal  kommt als "G 16" daher. So viele Positionen stehen auf der Besetzungsliste. Und die ist exquisit und vom Feinsten. Maricel, Ethan Freeman, Chris Murray, Anna Montanaro, Maaike Schurmans,  Paul Kribbe, Rob Fowler, David Michael Johnson, Cornelia Drese, Maria Jane Hyde und Lucy Scherer spielen seit Jahren in der musical-ischen League des Musical-Business. Namen, die jedem Freund des Genres geläufig sind und die er mit vielen schönen und packenden Theaterabenden in Verbindung bringt. Susan Albers, Lori Zeglarski, Andreas Wolfram, Steffen Friedrich und Nyassa Alberta komplettierten die erlauchte Riege. Da kann man nicht meckern! Möglicherweise kommen noch einige weitere Gäste hinzu. Für den guten Ton sorgt die achtköpfige und ausnahmslos aus Berufsmusikern bestehende Allstars-Band unter der Leitung von Arnim Bartetzky.

Gleiche Welle, gleiche Stelle

Fast auf den Tag genau ein Jahr zuvor war an gleicher Stelle die neunte Auflage dieser beliebten Gala-Reihe über die Bühne gegangen – wenn auch etwas kleiner gestrickt. Aber von den begeisterten Fans und der Presse gefeiert. Die Besucher dürfen sich auch bei der Jubiläumsausgabe auf einen ganzen Sack voll unsterblicher Hits aus den schönsten Musicals dieser Welt freuen, neu arrangiert und serviert von Akteuren, die ihr Handwerk beherrschen. Auch weniger bekannte, aber nichtsdestotrotz genauso reizvolle Kompositionsperlen aus dem unerschöpflichen Fundus dieses Genres stehen auf der langen Setlist. Die abzuarbeiten ist in dem gesteckten, aber nach oben hin offenen Zeitrahmen von drei Stunden schon ein ehrgeizige, sportlich-ambitioniertes Zielvorgabe. Tickets zum Preis zwischen 25 und 49 Euro gibt es im Vorverkauf hier:

Locker, ungezwungen, authentisch

Was das Publikum nicht erwarten darf/sollte (und auch nicht tut):  ein aufgeblasenes und überladenes Entertainment-Spektakel mit Special-Effekts, multimedialen Kicks und Zaubereien aus der high-technischen Trickkiste. Stattdessen ein ganz besonderes, außergewöhnliches Konzert in lockerer, ungezwungener Atmosphäre. Bühnenbild? Fehlanzeige. Kostümrausch? Iwo! Alles überflüssig und verzichtbar. In dieser Hinsicht – weniger ist hier mehr – geht es bei den “Allstars” spartanisch und unprätentiös zu. Im Mittelpunkt stehen die Künstler und die Musik, nicht die Show um ihrer selbst willen. Diese konzeptionelle Ausrichtung hat Charme, ist authentisch – und wohl gerade deshalb so erfolgreich. 

Zwischen Victor Hugo, Helmut Kohl und Horst Schimanski

Der Schauplatz des Festes, das Theater am Marientor, kurz “TaM” genannt, hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich. Dass der 1.540 Sitzplätze fassende Musentempel überhaupt noch steht, verdankt er der schwächelnden Mercatorhalle, bis August 2012 Spielstätte der Duisburger Philharmoniker. Der Bau wurde wegen Brandschutzmängeln geschlossen, ist aber inzwischen wieder in Betrieb. Das städtische Opern- und Konzertorchester brauchte damals ein Ausweichquartier – und fand es vorübergehend  in dem mittlerweile auch technisch umfassend aufgehübschten “TaM”.

Dessen Blütezeit liegt allerdings schon ein paar Jährchen zurück. 1995 nach den Bauplänen von Helmut Kohl (nee, nicht denen des verstorbenen Altkanzlers) errichtet, beherbergte die Stätte von Januar 1996 bis 1999 die “Elenden”, die Hunderttausende Fans zu Tränen rührten. “Les Misérables” gilt bis heute als eine der packendsten und berührendsten Musicalproduktionen aller Zeiten. In der nächsten Spielzeit  feiert es übrigens am “Deutschen Sommerbroadway” in Tecklenburg als Open-Air-Inszenierung Wiederauferstehung.

Nachdem Victor Hugos Barrikadenkämpfer in Duisburg durch die Insolvenz der Stella AG hatten einpacken müssen, hat das Haus keine große  En-Suite-Produktion mehr erlebt und wird stattdessen für Einzelkonzerte, Rock-Events und TV-Shows genutzt.

© Text: Jürgen Heimann, Fotos: Musical Allstars, Stephan Drewianka

10 Jahre „Musical-Allstars“ Jubiläumsgala im Theater am Marientor in Duisburg

Let me be your Star

Arnim Bartetzky ist Vollblutmusiker, war 9 Jahre Keyboarder, Assistant Conductor und Repetitor beim Starlight Express Bochum und 2 Jahre Assistant Musical Director bei Saturday Night Fever in Köln. Seit 1997 ist er musikalischer Leiter der Tourneen „Musical Hautnah“, „Nacht der Filmmusik“, „Santa Claus is coming to Town“ und eben der „Musical Allstars“, die am 20.01.2018 ihr 10-jähriges Konzertjubiläum im „Les Miserables“-Theater am Marientor in Duisburg feierten. Die „Musical Allstars“-Tradition war es, eine hochwertige Show mit 6-8 Top-Musicalkünstlern und einer 8-köpfigen Live-Band für wenig Geld zu präsentieren. Mit einem Diskontladen als Sponsor funktionierte dies über Jahre hinweg ganz großartig, bis es in der Grugahalle in Essen zu einem Zwischenfall kam, als ungeduldige Fans stundenlang vor den noch verschlossenen Türen auf Einlass warteten, um die besten Plätze bei freier Platzwahl ergattern zu können. Zwar ist damals niemand wirklich ernsthaft zu Schaden gekommen, doch der Schreck saß tief und dies war vielleicht ein Grund, dass der Sponsor von dem Projekt absprang, was die Ticketpreise zwar in den Folgejahren ansteigen ließ, der Popularität der Reihe aber keinen Abbruch tat.

Zum Jubiläum lud Arnim Bartetzky erneut hochkarätige Musicalstars ein und 17 Künstler folgten seinem Ruf, um ihre Highlights der letzten Jahre erneut Revue passieren zu lassen: Anna Montanaro präsentierte ein bewegendes „Der Sieger hat die Wahl“, Maaike Schurmans brachte uns mit „It´s Oh So Quiet“ zum Schmunzeln, Susan Albers hatte ihren „One Moment In Time“, Maricel folgte ihrem Motto „Dafür bin ich immer gut“, Nyassa Alberta wurde mit „Show Me Love“ gefeiert, Lori Zeglarski und Maria Jane Hyde zeigten Verständnis bei „I Know Him So Well“, Lucy Scherer zeigte Cornelia Drese bei „Mrs. Dewinter“, wer jetzt Herr im Haus ist, Chris Murray und Frank Nimsgern kamen an die „Macht“, während David Michael Johnson mit „Soul Of A Man“ seine weiche Seite zeigte. Ethan Freeman intonierte „So sehr fehlt mir dein Gesang“, Paul Kribbe lag ein „Smile“ im Gesicht, Steffen Friedrich erinnerte mit „Sterne“ an die Glanzzeiten des Theaters und Rob Fowler hatte sich für „What Part Of My Body“ extra aus der Londoner „Bat Out Of Hell“ Cast Duett-Partnerin Sharon Sexton mitgebracht. 

Während alle Künstler unter der Live-Begleitung der phantastischen Band bei ihren Solos und Duetten echte Glanzleistungen ablieferten, hakte es zuweilen bei den Ensemble-Stücken „West Side Medley“, „Ease On Down The Road“, „Ich wollte nie erwachsen sein“, „Morgen schon“ und „Lied des Volkes“. Das Sturmtief am 18.01. sorgte dafür, dass die Künstler zwar vollständig, aber zu so unterschiedlichen Zeiten am Konzerttag in Duisburg eintrafen, dass für ausgedehnte Proben mit allen Teilnehmern einfach nicht genug Zeit blieb. Die ein oder andere nicht gesungene Textzeile bei den „Les Miserables“-Zugaben konnte bei dem Ensemble jedoch jeder Zuschauer mit einem Augenzwinkern verzeihen. Insgesamt 27 Songs und 17 Musicalstars in rund 140 Minuten abgerundet durch die humorvolle und informative Moderation von Arnim Bartetzky ließen beim Publikum keine Wünsche offen.

Wer sich jetzt ärgert, bei diesem Konzert-Highlight nicht dabei gewesen zu sein und auf die nächste Gala 2019 hofft, der könnte eventuell leer ausgehen. Arnim Bartetzky will sich zwar noch nicht endgültig festlegen, momentan sieht es aber so aus als könnte „Musical-Allstars“ 2018 die letzte Gala dieser Art gewesen sein. Trotzdem wird Arnim Bartetzky weiterhin mit seiner Band in unterschiedlichen Formaten auf der Bühne zu sehen sein und dafür wünschen wir weiterhin viel Erfolg und volle Theatersäle. 

© Text & Fotos: Stephan Drewianka; dieser Bericht erschien ebenfalls in der Zeitschrift Blickpunkt Musical, Ausgabe 93 (02-18, März-Mai 2018)