Musical Jinai
Musical Jinai
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Amateur Musical Jinai in Duisburg-Walsum

Amateur-Musical Drama Jinai: Eine Missionarin in China

Die wahre Lebensgeschichte der 1902 geborenen Gladys May Aylward, die als Missionarin nach China ging, von der chinesischen Regierung als Fußinspektorin die ungeliebte Abschaffung traditionell gebundener Füße durchsetzte und im japanisch-chinesischen Krieg 94 ihrer Missionarskinder unter Einsatz ihres Lebens über die Berge vor der japanischen Verfolgung rettete, wurde 1958 in Hollywood mit Ingrid Bergmann in der Titelrolle als „Die Herberge zur sechsten Glückseligkeit“ verfilmt. Marco Chimienti (Text und Musik) vertonte den dramatischen Stoff 2006 in seinem ersten Musical Jinai (deutsch: der geliebte Mensch), das im August 2007 beim Autorenwettbewerb des Musical-Festivals Graz im Finale stand. In den folgenden Jahren folgten mehrere konzertante Aufführungen mit Amateurdarstellern, sowie die Uraufführung der szenischen Fassung am 17. Mai 2008 in der Glückauf-Halle in Duisburg. Am 06. und 07. März 2010 gab es ein Wiedersehen des Musicals in der Stadthalle Duisburg-Walsum mit vielen neuen Darstellern.

Umsetzung des Musicals Jinai

Wenn Amateure ohne großes finanzielles Polster ein 160 Minuten-Musical auf die Beine stellen, kann man als Zuschauer natürlich keinen auf der Bühne landenden Helikopter wie beim Musical Miss Saigon erwarten. Das Bühnenbild ist in Handarbeit der Darsteller entstanden und beschränkt sich auf einige Requisiten wie eine Sänfte für den Mandarin, zwei Wände mit Schattenspielen, einen Marktstand oder ein großes Stadttor, den Rest muss die Fantasie des Publikums ergänzen. Doch dies klappt beispielsweise beim Mondfest, bei dem Gladys den Soldaten LiNang kennenlernt, ausgesprochen gut, nicht zuletzt mit Hilfe der Kostüme von Jürgen Weynand, die zwischen ärmlichen Lumpen und exotischen Kimonos den Kontrast zwischen den sozialen Schichten klar herausstellen.

Darsteller des Musicals Jinai

Die ernste Handlung bringen die Laien-Darsteller unter der Dramaturgie von Ingbert Edenhofer glaubwürdig über die Bühne. Nina Köster hat als Gladys Aylward sicherlich die anspruchsvollste Rolle und kann auch musikalisch z.B. mit dem Finalsong „Träum dich ans Ende der Welt“ überzeugen. Ingbert Edenhofer setzt als Mandarin auflockernde komödiantische Momente, Phillip Maurer (LiNang), Rebecca Köpke (Jeannie Lawson) und Ilka Köster (ZiYou) überzeugen in ihren Sololiedern. Tanzszenen (Choreografie: Hendrik Viebahn) gibt es themenbedingt selten, doch die Showkampfsequenzen beim Mondfest sind einen Applaus wert. 16 Kinder stehen stellvertretend für die fast 100 geretteten Waisenkinder auf der Bühne, denen das Kinderlied „Kleiner Esel“ sichtlich Spaß bereitet. Denn auch wenn beim Musical Jinai (noch) nicht alles professionell und perfekt ist und etwas Straffung dem Handlungsfluss gut tun würde, hat dieses Musical doch ein großes Potential für gute Musical-Unterhaltung. Dies liegt vor allen Dingen an den unterhaltsamen und vielseitigen Kompositionen von Marco Chimienti, der den musikalischen Bogen gekonnt von romantischen Balladen über dramatische Ensemblenummern, kleinen Schlafliedern und geschickt arrangierten Quartetten spannt. Das Duett „Im Glanz des Mondes“ von zwei Soldaten, die ihre ferne Liebe vermissen, überzeugt durch Interpretation und musikalischen Aufbau. Eine im Theater und Internet erhältliche CD des Musicals Jinai mit 75 Minuten Spielzeit gibt einen guten Überblick über die melodische Vielfalt.

Die musikalische Begleitung kommt vollsynthetisch als zwar gut produziertes Playback aus dem Computer, was jedoch vor allen Dingen beim Einsatz von Geigen leider nicht immer überzeugen kann. Wie herrlich Chimientis Lieder mit Orchester klingen, konnte man an einigen wenigen Highlights im Mai 2009 bestaunen, als bei der Mission Musical-Gala des Musical-Netzwerkes in Oberhausen das Freie Orchester Oberhausen eine adäquate musikalische Umsetzung der Melodien präsentierte. Das Musical Jinai hat als ambitioniertes Amateurstück verdient, komplett mit Orchesterbegleitung aufgeführt zu werden. Ob sich dies jedoch jemals realisieren lassen wird, steht in den Sternen. Ein im Musical zitiertes altes chinesisches Sprichwort gibt vielleicht Hoffnung: „Um die Quelle zu erreichen, musst Du gegen den Strom schwimmen.“

© Text & Photos by Stephan Drewianka, Musical-World.de

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