Pia Douwes - Musical-Star
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Musical-Star Pia Douwes: Von der Kaiserin Elisabeth zur Hure Milady de Winter

Großes Interview mit dem Musical-Star Pia Douwes

Musical-World: Ich habe im Internet ein wenig über Pia Douwes recherchiert und gefunden, dass Sie Vegetarierin sind, gerne schwimmen und eine gute Tiefseetaucherin sind?

Pia Douwes: Ja, das ist lange her; aber es stimmt, das habe ich gemacht. Nur jetzt habe ich keine Zeit mehr dafür.

Musical-World: Dann habe ich gelesen, Sie sind eine Großnichte von Doris Day?

Pia Douwes: Ja, das ist sehr weit weg, aber auch das stimmt. Ich habe den Stammbaum nicht weiter recherchiert – es wurde zu kompliziert. Doris Day ist etwas jünger als meine Großmutter. Ihre Großväter waren Brüder. Somit bin ich weit entfernt mit ihr verwandt.

Musical-World: Und Sie lieben Country-Musik?

Pia Douwes: Ja, ich liebe Country, aber nicht Country-Western, sondern eher Country-Pop oder Country-Rock. Bonnie Raitt, James Taylor, Kim Carnes, und Rickie Lee Jones sind einige meine Favoriten obwohl manche schon wieder weg gehen von Country-Rock und eher ihre eigene Idee von Musik verwirklichen. Diese Richtung gefällt mir sehr gut. Nicht unbedingt Dolly Parton, obwohl ich sie auch sehr mag - aber es darf eher etwas schwungvoller und rockiger sein.

Musical-World: Gibt es irgendwann mal ein Album mit Country-Songs von Ihnen?

Pia Douwes: Ich hoffe, dass das irgendwann mal klappt. Aber ich muss gestehen, wenn man im Musical-Bereich arbeitet, ist es sehr schwer, seine CDs zu verkaufen. Uwe Kröger gelingt das ziemlich gut. Aber ich merke hier in Holland, dass jeder, der eine Platte herausbringt, diese nur kurz verkauft und dann hört es auf. Ich glaube, das hat mit der Sprache zu tun, mit der Art von Musik, die man dann dafür wählt. Die meisten wollen dann etwas ganz anderes machen. Ich möchte natürlich auch einmal etwas anders als Musical machen, jedoch merke ich einfach, wenn man im Musical-Bereich arbeitet, muss man wahrscheinlich doch erst einmal eine Musical-CD herausbringen, eventuell etwas anders arrangiert.

Musical-World: Wenn Ihnen die Country-Musik so sehr liegt, könnte man dann nicht auch zwei Songs aus Civil War und weitere Country-Titel dazumischen?

Pia Douwes: Ja natürlich, dass heißt aber immer noch, dass es eine Musical-CD wird. Ich glaube auch, man sollte mit dem anfangen, mit dem man bekannt geworden ist. Und danach das Repertoire ausweiten. Wenn es dann irgendwann mal eine Solo-CD von Pia Douwes gibt, dann wird vielleicht die dritte CD ein Country-Rock-Album sein können.

Musical-World: Weiter habe ich gelesen, Sie würden gerne mal in einem Film mitspielen?

Pia Douwes: Ja, eine Filmrolle oder Fernsehserie. Ich habe mal in einem Fernsehfilm mitgespielt, der handelte von Königin Wilhemina aus Holland. Ich habe natürlich nicht die Königin gespielt. Es gab zwei Hauptrollen, die Königin Wilhemina und ihr enger Vertrauter während des Krieges und ich spielte die Frau dieses Vertrauten. Ich hatte ungefähr zehn Szenen – nicht viel, aber es hat großen Spaß gemacht und das gefiel mir sehr gut.

Musical-World: Ist das ein ganz anderes Arbeiten als auf der Bühne?

Pia Douwes: Ja, ganz anders.

Musical-World: Man muss nicht so viel auswendig lernen?

Pia Douwes: Man muss schon das Gefühl haben, dass man den Text sehr gut kennt, weil alles natürlich gespielt kommen muss. Man hat nicht Monate zum Proben. Und man muss anders spielen – viel kleiner als auf der Bühne. Es geht hauptsächlich darum, was in den Augen passiert, in der Haltung usw. Dagegen muss man auf der Bühne viel größer spielen, weil man sonst die dritte Reihe vom Balkon nicht mehr erreicht. Das heißt, man muss die Emotionen viel deutlicher zeigen und im Fernsehen würde das eher unecht erscheinen. Und ich glaube, im Fernsehen muss man besser bei sich selbst bleiben, viel mehr beim eigenen Charakter.

Musical-World: Wo jetzt Chicago ein großer Erfolg im Kino war, würde Sie vielleicht eine Rolle in einem Musical-Film reizen?

Pia Douwes: Das Bühnen-Angebot aus New York und England für Chicago ist für mich öfters gekommen. Ich konnte aber nicht, weil ich in Essen längere Zeit Elisabeth gespielt habe und ich wollte nicht nach drei Monaten weg. Ich habe auch schon in diesem Jahr Angebote bekommen. Bei den 3 Musketiers hatte ich gerade mit den Proben angefangen. Da habe ich auch nicht weggekonnt und auch nicht weggewollt, denn ich bin meinem Arbeitgeber gegenüber loyal wenn das Stück im Anfangsstadium spielt. Aber das Angebot steht noch und wer weiß, wenn es gelingt, hörst Du eine gute Nachricht von mir. Und wenn es nicht gelingt, ist es auch nicht so schlimm – dann habe ich immerhin die Angebote bekommen.  

Pia Douwes: Privatleben steht im Vordergrund

Musical-World: Das war schon alles, was über ihre Person zu finden war. Ist das Privatleben wichtig für Sie? 

Pia Douwes: Und wie – ich halte das auch ziemlich getrennt, weil man als Musical-Star oder überhaupt als Darsteller von der Außenwelt geliebt wird. Die Presse bestimmt, wie über Dich gedacht wird und jeder denkt zu wissen, was das Beste für Dich ist. Du bist in jeder Zeitung, im Fernsehen, im Radio. Du bist immer öffentlich. Das heißt, dass man sein Privatleben für sich halten muss, sonst wird das auch öffentlich und dann hat man wirklich kein Privatleben mehr. Meine persönlichen Gespräche und deren Inhalt möchte ich lieber für mich privat behalten. Aber wie ich lebe, ob alleine, verheiratet bin oder Kinder habe, das muss ich nicht verheimlichen, das kommt sicherlich öffentlich zur Sprache. Es geht eher um den Inhalt der Privatgespräche. Über das Leben zu reden, halte ich nicht für geheimnisvoll. Ich rede sehr gerne übers Leben. Wenn Du Lebensfragen hast, kannst Du sie gerne stellen. Das halte ich nicht privat. Das kann man nach außen tragen und es kann vielleicht sogar jemandem nützen. Und auch ich kann von anderen wieder etwas lernen. Dieser Austausch ist wichtig! 

Musical-World: In einem anderen Interview mit Ihnen habe ich gelesen, dass Sie Ihre Erfahrungen gerne als Lehrerin weitergeben möchten. Haben Sie schon einmal unterrichtet?  

Pia Douwes: Ich habe bisher kleinere Workshops gegeben und das hat mir wahnsinnig viel Spaß gemacht. Ich fand das sehr lehrreich. Man bekommt unglaublich viel zurück. Ich wusste mehr als ich dachte - ich wusste aber auch weniger, als ich vermutete! Ich habe zu mir mehr Selbstvertrauen bekommen, weil ich etwas an Erfahrungen zu bieten habe. Ich habe auch ganz viel dazu gelernt, weil Unterrichten ein Bereich ist, den ich noch nicht so kenne. Das Austauschen von Erfahrungen war toll.

Ich habe eine ganze Weile nicht unterrichtet, weil ich mein Privatleben an erster Stelle haben wollte. Das letzte Jahr war das geschäftlichste Jahr meines Lebens mit acht Vorstellungen Fosse pro Woche, meine Eltern hatten 50-jähriges Ehejubiläum, ich habe meine eigene Show „In De 30“ gemacht und dann kam noch die Probezeit für 3 Musketiers, was natürlich ein kreativer Prozess war mit 12 Arbeitsstunden pro Tag, und jetzt den sieben Vorstellungen pro Woche. Ich war so beschäftigt, dass ich gedacht habe, ich mache „nur“ das und lebe mein Privatleben.  

Pia Douwes als Milady de Winter bei den 3 Musketieren

Musical-World: Bei den drei Musketieren spielen Sie in der Rolle der Milady de Winter. Was ist das für ein Charakter, was kann das Publikum von Ihnen erwarten? 

Pia Douwes: Ich glaube schon, dass ich diese Rolle eindeutig spiele. Man erkennt mich in so einem Charakter, weil ich so etwas öfter gespielt habe. Die Herausforderung für mich ist, nicht nur eine „Tough Lady“ zu zeigen, sondern dass ich versuche, auch die Zerbrechlichkeit, die sie in sich trägt, darzustellen. Sie hat eine Vergangenheit, in der sie einfach viel erlebt hat und das hat sie dazu gemacht, was sie jetzt ist: härter, eine Intrigantin, eine „Femme Fatale“, ziemlich böse aber trotzdem empfindsam. Sie zeigt ihre Zerbrechlichkeit, d.h. sie singt über ihre Vergangenheit und warum sie so geworden ist, wie sie heute ist. Sie ist nicht immer schlecht gewesen, sie ist so geformt worden. Ein bisschen hört man das bei „Ik Ben Een Vrouw“ und man hört es besonders in „Waar Bleeft De Zomer“, da erzählt sie von ihrer Vergangenheit. Mit diesem Lied kann sie zeigen, wo ihre Schwächen liegen und wo ihre Gutmütigkeit liegt.

Das ist die Herausforderung, dass man diese beiden Seiten gleichzeitig zeigen kann damit man zum Schluss nicht nur denkt: „Ach, die ist weg und das ist gut so!“. Sondern, dass der Zuschauer soll sagen: „Es ist gut, dass sie weg ist, weil sie etwas schlechtes getan hat, aber sie hat auch einiges in mir an Verständnis geweckt.“ Sie ist immerhin eine Lady! Es ist sehr einfach, die Hexe zu spielen. Das spielt man – hopp und fertig. Und jeder sagt: „Ha, da ist die böse Hexe“. Milady de Winter ist anders.

Musical-World: Genau wie Elisabeth, die war ja auch nicht einfach „gut“ oder „böse“. 

Pia Douwes: Bei Elisabeth war es in dem Sinne leichter zu spielen, weil ich ihr gesamtes Leben spielte. Es wird von jung bis alt gezeigt wie sie geworden ist und wie sie sich verändert hat. Das ist bei Milady De Winter nicht so. Es ist zwar eine Hauptrolle im Musical, aber nicht die Titelrolle. Ich muss in kleinen Szenen zeigen, wie sie so geworden ist. Das Schöne ist auch die Fechtszene - für mich eine Herausforderung! Ich habe als Kind Fechten gelernt. Ich hatte gesagt, ich mache die Rolle nur, wenn ich eine Fechtszene bekomme und ich habe sie bekommen! 

Musical-World: Wie bringt man sich als Darsteller in einer ganz neuen Produktion ein? 

Pia Douwes: Wenn man länger diesen Beruf macht, d.h. nach langen Jahren harter Arbeit in verschiedenen Rollen gespielt hat, bekommt man von dem Produzenten den Respekt, den man verdient. Es hat auch damit zu tun, dass man viele Hauptrollen gespielt und dabei Verantwortung gezeigt hat. Dieser Produzent hat natürlich auch länger mit mir gearbeitet und der Regisseur ist ein guter Freund von mir. Mein Partner Stanley Burleson als Kardinal Richelieu und ich haben auch kreativ mitdenken dürfen. Wir haben das erste Script gelesen und dann unsere Ideen mit eingebracht. Denn im ersten Script waren wir ziemlich flach beschrieben: Er war schlecht, ich war schlecht – fertig! Und dann wird gefragt: Was ist mit der Person, warum ist sie so schlecht geworden, warum will sie jemanden umbringen und was haben die beiden für eine Beziehung zueinander? Arbeiten wir nur füreinander oder war da was früher? Ist da etwas gewesen, wodurch diese Spannung entsteht und wodurch auch dieser Hahnenkampf aufkeimt? Es ist zu flach zu sagen, es ist einfach so. Nein, für das Publikum ist es auch interessant zu wissen, was dahinter steckt. Der Zuschauer muss nicht immer alles wissen, aber es ist viel interessanter und spannender, wenn die Figuren eine Vergangenheit haben. 

Musical-World: Haben Sie das Originalbuch von Alexandre Dumas gelesen? 

Pia Douwes: Das ist Jahre her. Weil wir hier unheimlich viel gearbeitet haben, habe ich es nur Stückchenweise gelesen. Milady ist keine historische Persönlichkeit sondern eine Phantasiefigur in dem Buch. Daher war es für mich relativ uninteressant, es zu lesen. Ich kann nichts über sie lesen, wie spiele ich sie nun? Somit muss man selber viel nachdenken. Alle Darsteller sind involviert worden und wurden zwischendurch mal gefragt: Wie hört sich das an, ist das jetzt mitreißend? Und ich muss sagen, die Vorstellung ist gut geworden, sie ist aber noch nicht fertig!  

Musical-World: Also wird das Stück inhaltlich weiterentwickelt? 

Pia Douwes: Man kann noch sehr viel ändern. Nach der Premiere ist noch lange nicht Schluss. Wir arbeiten momentan nicht daran, weil die Zeit einfach nicht reicht und wir erst einmal jeden Abend spielen. Aber für Deutschland wird sich einiges ändern! Ich habe mit dem Regisseur über meine Rolle gesprochen und gesagt, dass ich dieses und jenes noch brauche, weil das so noch nicht ganz stimmt. Beispielsweise ist es immer noch nicht deutlich, warum Milady De Winter Constance ermordet, obwohl sie sich vorher nie begegnet sind und auch d`Artagnan kennt sie kaum. Daher hatte ich eigentlich keinen Grund für den Mord. Und daran wird gearbeitet. Hier war die Vorstellung letztendlich mehr als 3 ½ Stunden lang und deshalb musste etwas entfallen. Es sind einige Szenen gestrichen worden, die eigentlich dazu führen sollten, alles verständlicher zu machen.

Die Hauptrolle bleibt d`Artagnan. Das heißt, seine Linie muss aufrecht erhalten bleiben. Bei anderen Rollen wurde eine Szene herausgenommen und dadurch stimmte ihre Linie nicht mehr so ganz. Ich versuche das dem Publikum jeden Abend verständlich zu machen, aber es fehlen einfach noch ein paar Dinge. Aber das Schöne an diesem Prozess ist, dass der Regisseur sich dieser Geschichte bewusst ist und trotzdem die Vorstellung rund gemacht hat, so wie sie in Rotterdam steht, und trotzdem einen Erfolg daraus gemacht hat. Die Leute lieben dieses Musical! Und ich finde, obwohl man weiß, dass es noch nicht ganz fertig ist, vertraut man trotzdem darauf: Okay, was jetzt steht, steht und es steht gut, so wie es ist.

Trotzdem hören wir nicht auf, daran zu arbeiten und es weiter zu entwickeln. Im Prinzip genauso wie bei Elisabeth. Dann kommt vielleicht mal ein neuer Song dazu und das finde ich positiv. Denn jetzt freue ich mich auf Deutschland, um die Rolle der Milday auch weiter zu erarbeiten. Ich finde es sehr mutig von unserem Regisseur, das so zu machen: okay, jetzt ist Premiere, jetzt machen wir es einfach so, wie es ist und dann werden wir weiter schauen. Das finde ich toll. 

Musical-World: Die Musical-Cast, die hier versammelt ist, ist das „Who Is Who“ der holländischen Musical-Szene: Aida Radames Bastiaan Ragas als D´Artagnan, Elisabeth-Tod Stanley Burleson und das Phantom der Oper Henk Poort, um nur einige zu nennen.

Pia Douwes: Ja wir haben hier einige Stars in der Show. 

Musical-World: Man kennt sich und hat viele Sachen zusammen gespielt.

Pia Douwes: Ich kann Dir sagen, dass die Atmosphäre unglaublich gut ist und das hat auch mit dem Regisseur zu tun. Er liebt die Verbundenheit bei der Arbeit miteinander. Das hat er oft gesagt: bleibt zusammen und spielt nicht gegeneinander! Wir haben so hart gearbeitet an diesem Stück, weil es auch neu war, dass jeder seinen Beitrag geliefert hat und wir dadurch eigentlich sehr gut miteinander auskommen.

Ich habe eigentlich immer gut gearbeitet in jeder Show. Aber es gibt Shows wie 3 Musketiers und Elisabeth, wo von Anfang an einfach ein verständnisvoller Cast da ist. Wir stecken zwar nicht immer zusammen, also wir machen nicht alles gemeinsam, haben aber totale Akzeptanz gegenüber allen Kollegen und das ist phantastisch. Man hat ganz viele Egos auf einer Reihe und jeder akzeptiert den anderen. Das finde ich toll.

Musical-World: Gerade wenn so viele Stars dabei sind, nicht wahr? 

Pia Douwes: Ja, bei einigen Produktionen gibt es drei, vier bekannte Darsteller und dann drei, vier neue Leute. Aber bei 3 Musketiers gibt es viele renommierte Musical-Stars. Ich meine Henk, Stanley und ich haben schon oft miteinander gearbeitet. Wir kennen uns gut und spielen gut miteinander. Aber Bastian war neu für mich und umgekehrt auch. Tooske Breugem als Constance ist total neu im Musical-Geschäft. 

Musical-World: Einige Szenen sehen richtig gefährlich aus; Sie haben sogar einen waghalsigen Sprung in die Tiefe! 

Pia Douwes: Ja, ich muss springen, klettern, fechten und tanzen usw. 

Musical-World: Ist denn schon mal etwas Schlimmes passiert? 

Pia Douwes: Ja, ich hatte zwei Tage vor der Premiere einen kleinen Unfall. Ich habe einen soliden Trennvorhang auf den Kopf bekommen, hatte aber großes Glück, denn ich hatte eine große Perücke auf, die das Schlimmste abgewehrt hat, so dass ich keine Gehirnerschütterung bekam. Aber mein Wadenbein habe ich verletzt, weil ich richtig auf den Boden runtergeknallt bin. Wir hatten zwei gebrochene Finger beim Cast, jemand wurde mit dem Degen verletzt, wir hatten verstauchte Füße usw. Es ist tatsächlich eine gefährliche Show. 

Musical-World: Bei dem Song „Mannen“ gehen Sie praktisch über Männer-Leichen...

Pia Douwes: Ja, ich rolle sogar. Das macht sehr viel Spaß. 

Musical-World: Sie sind ausgebildete Balletttänzerin. In vielen Ihrer Shows kommt dieses Talent wenig zur Geltung. Was gefällt Ihnen privat bei der Musical-Darstellung besonders gut: das Schauspielern, der Tanz oder das Singen? 

Pia Douwes: Ich liebe die Kombination. 

Musical-World: Und was mögen Sie davon besonders gerne? 

Pia Douwes: Sagen wir es mal so: Tanzen ist etwas, was aus der Seele kommt, weil man da den ganzen Körper einbringt. Ja, meine Grundliebe gehört dem Tanz. Ich habe auch mit Tanz angefangen und später kam Gesang und Schauspiel dazu. Beim Tanz musst Du mit dem Körper Deine Gefühle zum Ausdruck bringen, weil Du ja nicht singst und nicht sprichst. Nun ist es beim Musical eine andere Art von Tanz, weil man gleichzeitig auch singt. Deshalb mag ich auch die Kombination so wahnsinnig gern, weil das die größte Herausforderung ist, die es überhaupt gibt: Tanzen, Singen und dabei Spielen, d.h. auch noch interpretieren. Deshalb mag ich die Kombination am liebsten. Die Velma in Chicago war eine meiner liebsten Rollen, weil ich dabei wirklich alles zeigte. Aber das mache ich bei 3 Musketiers ja auch, noch dazu mit Fechten, einer weiteren Lieblingsdisziplin von mir. Ja, ich mag einfach die Kombination, weil die wirklich alles aus einem fordert. Du musst wirklich mit allen Mitteln deutlich machen, was Du meinst. 

Musical-World: Und wie sieht es mit den Kostümen aus? Haben Sie viele Kostümwechsel während der Show? 

Pia Douwes: Ja, aber das ist nicht das Schlimmste an dieser Show. Ich hatte bei Elisabeth 20 fliegende Wechsel, die unglaublich waren. Das war der Sport hinter der Bühne, das schnelle Umziehen! Und hier habe ich nur einen Umzug und der ist ganz relaxed. Das ist schön, weil Du dadurch eine ganz andere Energie hast. Das Schwierige an der Rolle der Milady ist, dass Du am Anfang der Show nicht so oft auf der Bühne bist, d.h. ich bin die ersten zwanzig Minuten gar nicht auf der Bühne, die zweiten zwanzig Minuten selten und danach bin ich im ersten Akt dauernd auf der Bühne und in der zweiten Hälfte sogar noch häufiger. Ich bin es aber eigentlich gewohnt, durchgängig auf der Bühne zu stehen. Deshalb musste ich mich erst daran gewöhnen, mich zurückzuhalten und meine Energie anders einzuteilen. Ich sitze und warte, kann nichts anderes machen als aufmerksam die Show zu verfolgen, damit ich rechtzeitig zu meinem Einsatz rauskomme. Während dieser Zeit kann ich nichts lesen oder etwas anderes machen, sondern muss immer achtsam sein. Dabei verlierst Du manchmal Deine Energie und Du musst Dich wieder aufpuschen, um auf der Bühne spielen zu können. Mittlerweile geht es, aber in den ersten Monaten hatte ich große Schwierigkeiten, weil ich es gewohnt war, von Anfang an immer auf der Bühne zu stehen. 

Musical-World: Diese Show wird ja bühnentechnisch mit einem wahnsinnigen Aufwand dargeboten - inklusive einem Gewittersturm in einem Schiff auf hoher See. 

Pia Douwes: Ja, manchmal ist der Aufwand so groß, dass man überwältigt ist! 

Musical-World: Muss das heute so sein? 

Pia Douwes: Nein, ich finde nicht. Aber es ist die Wahl von Produzent und Regisseur, es so zu machen, wie es jetzt ist. Wir haben aber auch spekuliert, dass manche Sachen nicht so gut funktionieren und deshalb wird es bei den 3 Musketieren in Deutschland anders werden. Aber im Großen und Ganzen ist der Aufwand gerechtfertigt. Elisabeth war ja auch überwältigend - alle großen Shows sind überwältigend. Ich finde, dass man nicht unbedingt eine riesige Ausstattung präsentieren muss, um einen Erfolg zu haben. Ich liebe auch die kleinen Sachen, so wie Chicago, wo die Menschen im Mittelpunkt stehen: nur Lichteffekte und Menschen und das reicht für einen riesigen Erfolg. 

Pia Douwes über ihre Rolle im Musical Elisabeth

Musical-World: Wir haben schon häufig Elisabeth erwähnt. Jetzt sprechen wir noch einmal ausführlich von Elisabeth. 

Pia Douwes: Kein Problem. 

Musical-World: Im Jahr 2002 war das 10-jährige Bühnenjubiläum von Elisabeth. Da gab es ein Konzert in Wien, bei dem 6 Elisabeths nebeneinander auftraten. Wie sieht man die Kollegen, wenn man solch eine Rolle selbst kreiert und nachhaltig geprägt hat? Sieht man sich die Show von Kolleginnen an und gibt ihnen Tipps, oder hält man sich da besser ganz raus? 

Pia Douwes: So eine Show ist ja sehr persönlich und jeder spielt den Charakter anders. Wenn eine Rolle übernommen wird, hängt es stark von dem Schauspieler ab, ob er etwas von dem Vorgänger übernehmen möchte. Das habe ich in Holland und Deutschland gleichermaßen erlebt. Als ich wegging, hat meine Nachfolgerin von mir gewisse Sachen und Informationen wissen wollen. Meike Boerdam hat das ganz toll gemacht, sie wollte alles wissen. Dann öffne ich mich gerne. Ich habe nämlich in diesem Beruf gelernt, nicht unbedingt etwas zu sagen, wenn ich nicht gefragt werde. Weil ich merke, dass Menschen unsicher sind, weil Menschen auch selber entdecken wollen. Ich berate aber jeden gerne und habe das immer gemacht.

Ich habe bei Les Miserables in Holland die Fantine gespielt. Und meine beste Freundin in Amerika hat diese Rolle in New York gespielt. Ich habe bei ihr alles nachgefragt und sie hat mir einen Brief mit allen Informationen geschrieben und ich habe alles genutzt. Denn es ist wichtig, von jemandem, der die Erfahrung schon gemacht und alles ausdestilliert hat, diese brauchbar zu verwerten. Das heißt aber nicht, dass man alles genauso machen muss. Man selber ist ja anders. Und deshalb warte ich ab, ob ich gefragt werde, dann gebe ich gerne meine Erfahrungen weiter. Denn dann weiß ich auch, derjenige ist offen dafür und dass die Informationen so genutzt werden, wie sie gebraucht werden. Dann ist es nicht auferlegt. Früher habe ich mein Wissen immer teilen wollen. Ich habe gedacht, das ist toll, dass man Informationen bekommt und ich habe gemerkt, dass das nicht jedermann schätzt und sich sagt, das muss ich selber herausfinden.

Manchmal verschießt man sich auch aus Unsicherheit, das verstehe ich vollkommen. Deshalb biete meine Erfahrung an, dann kann man meine Empfehlungen annehmen, wenn man es will. Wenn aber keine Reaktion kommt, verstehe ich das jetzt auch. Ich glaube, das Weitergeben von Wissen funktioniert bei mir mittlerweile sehr gut. Wenn ich auf der Bühne etwas sehe, was wirklich nicht klappt und nicht gut ist, dann gehe ich hin und frage, ob ich etwas anmerken darf, es gibt noch die eine oder andere Sache, die wichtig ist, und dann kann derjenige immer noch entscheiden wie er es für richtig hält.

Musical-World: Aber Sie sehen sich die komplette Show ihrer Kollegen an? 

Pia Douwes: Ja, ich sehe mir immer meine Zweitbesetzungen an. Ich kann schließlich auch von denen etwas dazulernen. Denn manchmal sehe ich etwas, woran ich noch nicht gedacht habe. Wenn ich das gut finde, übernehme ich das. Das habe ich bei der Rolle der Milady de Winter auch gemacht. Ich habe Ellen Evers, die normalerweise die Königen Anna spielt, als Zweitbesetzung der Milady gesehen und habe gewusst, so wie ich die Rolle spiele, stimmt es; aber bei ein oder zwei Ideen von Ellen sagte ich: hey, das wäre vielleicht eine gute Idee für mich! Dann übernehme ich das. In einem Song hat sie eine schöne Linie gesungen, die habe ich übernommen und die ist wunderschön.

So funktioniert das natürlich auch. Derjenige, der die Rolle kreiert hat, hat eine Erfahrung gemacht, die der Nachfolger nie erfahren wird. Das ist einfach so. Weil du eine Rolle für dich erschaffen hast. Das ist total toll. Das habe ich jetzt bei Milady auch wieder und alle Nachfolgerinnen werden dieses Gefühl nicht haben. Dafür haben sie schon eine Vorlage bei der sie entscheiden können, ob sie diese Form übernehmen möchten, oder nicht. Und bei dem Elisabeth-Geburtstagsjubiläum in Wien habe ich die verschiedenen Interpretationen von Elisabeth, Tod usw. genossen, weil jeder die Rollen für sich auf seine Art neu erarbeitet hat. Und jeder Song funktioniert so wie er von der jeweiligen Person interpretiert wird. Trotzdem erkenne ich mich in jeder neuen Elisabeth selbst immer wieder, weil ich die Rolle selber kreiert habe - alles was ich sehe, hat auch eine Spur von mir. Das ist einfach so. 

Musical-World: Ist man stolz auf die Entwicklung einer Rolle wie die der Elisabeth? Schließlich hat man Ihr Gesicht sogar als Musical-Logo für die Essener Produktion verwendet.  

Pia Douwes: Ja, das ist unglaublich toll. Ich kann gut damit umgehen und so etwas auch sehr schätzen.  

Musical-World: Bei dem Konzert waren auch Elisabeth-Darsteller aus Ungarn und Japan mit dabei. Haben Sie diese Versionen gesehen?  

Pia Douwes: Ich habe die ungarische Fassung gesehen und fand sie toll. Das meinte ich vorhin, als ich sagte, dass jeder seine eigene Interpretation spielt und trotzdem erkennt man sich selber, egal welches Land es auch ist – das gilt sogar für Japan. 

Musical-World: In Japan gab es in der Takarazuka-Version des Stückes, bei der alle Rollen von Frauen gespielt werden, einen Elisabeth-Mega-Mix am Ende der Show wo die Darsteller wie im Fernsehballett eine Showtreppe herunterkommen. Ist so etwas noch Elisabeth?  

Pia Douwes: Nein, natürlich nicht, aber so ist die Mentalität in Japan. Und wenn es dort auf diese Weise funktioniert, denke ich mir, macht das Sinn. Nein, eigentlich passt es nicht in den Kontext des Stückes, aber es ist ihre Art und die Wahl des Produzenten. Aber das Stück selber kommt inhaltlich und interpretationsmäßig trotzdem immer auf die Originalversion aus Wien zurück. 

Musical-World: Jetzt haben Sie Elisabeth schon in Wien, Scheveningen und Essen gespielt. Trotzdem sind die Kulissen, Kostüme usw. immer wieder anders. 

Pia Douwes: Das ist sehr toll, weil sich das Stück dadurch entwickelt. Ich finde es wunderschön, wenn ein Stück mit der Zeit anders wird. Die Produktion in Wien war einzigartig, absolut einzigartig. Und die würde in Holland nicht funktionieren weil es zu dunkel und zu symbolisch ist! Aber in Wien funktioniert das. Die holländische Version wiederum würde in Wien nicht glücken, weil zu viel erklärt wird und alles zu voll und leuchtend ist. Das wunderbare daran ist, dass die Rolle der Elisabeth letztendlich in Essen, wo die Wiener und die Holland-Version vereint wurden, am schönsten war. Ich habe sie viel deutlicher spielen können! Ich habe sie gesanglich aufarbeiten können, ich habe sie runder und wärmer spielen können. Das Verhältnis zwischen Mutter und Sohn war in Essen viel ergreifender, weil sie wirklich miteinander spielen mussten.

Vom Spiel her war die Rolle in Essen am tollsten, weil ich die Elisabeth wirklich ausarbeiten und vielschichtiger spielen konnte. Das Stück drehte sich dort auch wirklich um Elisabeth, während in Wien und Japan der Tod die zentrale Rolle innehatte. Aber wenn es Wien nicht gegeben hätte, dann hätten wir Essen nie so perfekt machen können. Deshalb liegt mir die Wiener Fassung total am Herzen, auch weil symbolisch die Dunkelheit ihres Charakters mich noch mehr ergriffen hat. Ja, ich liebe die Wiener Version. Ich wurde auch gefragt, ob ich die Rolle für die Wiederaufnahme in Wien wieder spielen möchte. Ich habe abgesagt, weil ich in Rotterdam die drei Musketiere mache, dann hätte ich von dieser Show weggemusst und das wollte ich dieser Produktion nicht antun. Es wurden Auditions für Wien gemacht und Maya Haakvoort hat die Rolle wieder bekommen. Das finde ich sehr schön für sie, weil sie auch in Wien lebt. Ich sollte für die letzten zwei Monate im nächsten Jahr wieder „Elisabeth“ in Wien spielen, doch auch das habe ich gerade abgesagt, weil ich vielleicht anderweitig ein Angebot bekomme. Ich hätte Elisabeth gerne noch einmal gespielt, doch auf der anderen Seite denke ich mir, dass ich in fast 900 Vorstellungen mitgewirkt habe – es gibt Phasen im Leben, wo man sich anders weiterentwickeln will! Aber vielleicht gibt es irgendwo noch einmal Elisabeth mit Pia Douwes.

Musical-World: Sie haben bereits die englische Fassung von “I Belong To Me” auf den Jubiläumskonzert präsentiert.

Pia Douwes: Elisabeth sollte tatsächlich nach Amerika gehen, aber diese Pläne sind irgendwie nicht weitergekommen. Aber da wäre ich mitgegangen! 

Musical-World: Auch nach dem Broadway-Flop der Tanz der Vampire?

Pia Douwes: Ja, wenn Elisabeth an den Broadway gehen würde, würde ich das Risiko eingehen! 

Musical-World: Meinen Sie, eine Show wie Elisabeth hätte am Broadway eine Chance zum Musical-Hit? 

Pia Douwes: Keine Ahnung, aber ich würde das Risiko auf mich nehmen. 

Musical-World: Was gibt es denn noch für Traumrollen, die sie noch nicht gespielt haben? 

Pia Douwes: Sunset Boulevard. Aber ich bin noch zu jung für diese Rolle, vielleicht in fünf Jahren? Ich bin ja schon fast 40. Aber es gibt in Holland noch ein paar andere Leute, die das besser spielen können als ich, die nämlich genau das richtige Alter haben und auch noch unglaublich toll sind. Also, wenn dieses Musical nach Holland kommt, würde ich schon vorsingen, aber ich glaube, dass dann jemand genommen wird, der eher zu der Rolle passt. Da mache ich mir auch keine Illusionen. Aber das ist eine tolle Rolle, die ich gerne einmal spielen würde. 

Musical-World: Auch ohne Tanzen und Fechten – immer nur die Treppe rauf und runter?

Pia Douwes: Ja, absolut, kein Problem. Es gibt viele schöne Rollen, nur ist das Problem, dass ich die schon alle gespielt habe! 

Musical-World: Was mich gewundert hat – Sie haben Cats in Russland gespielt? 

Pia Douwes: Ja, das war damals eine Mini-Tournee, die von Wien aus startete und ich spielte damals zufällig mit.  

Musical-World: Und diese Tournee war die englische Fassung? 

Pia Douwes: Ja, auf Englisch haben wir das gemacht. Ich habe Cats in drei Sprachen gemacht. 

Musical-World: Ist es immer wieder schön, nach Holland zu kommen und in der Muttersprache etwas zu spielen? 

Pia Douwes: Offiziell wohne ich noch immer in Wien! Nur gab es in Wien in letzter Zeit sehr wenig Arbeit für mich, weil immer nur jüngere Rollen zu besetzten waren, wie z.B. Tanz der Vampire oder Die Schöne und das Biest. Und das ist nichts mehr für mich! Ich bin eher für Charakterrollen geeignet, aber es muss nicht immer die Hauptrolle sein. In 3 Musketiers spiele ich im Prinzip die Nebenhauptrolle. Es geht nur darum, ob die Rolle interessant ist und mich als Künstlerin und als Menschen herausfordert. 

Musical-World: Würden Sie auch mal etwas ganz kleines machen? 

Pia Douwes: Ich habe viele kleine Sachen gemacht! Ich habe kleine Schauspielstücke in Prag gemacht und in einem Getreidesilo in Holland gespielt, in den pro Abend nur 100 Zuschauer kamen: Keine Heizung – kein Geld, aber ich habe es gemacht! Das war vor Chicago, weil ich gespürt habe, diese Erfahrung möchte ich haben, ich möchte mehr mit Schauspiel machen. In Prag war es genau das Gleiche, das war mein erstes Schauspiel. Ich habe mir gedacht, egal ob es bekannt ist oder nicht, oder ob Leute kommen oder nicht, ich will das einfach spielen – auch ohne Geld. 

Musical-World: Was darf es beim Schauspiel sein: Dramatik, Krimi oder Komödie? 

Pia Douwes: Egal, Hauptsache es ist interessant! Ich habe auch lustige Rollen gemacht. Ich habe die Janet in der Rocky Horror Show und die Rizzo in Grease gespielt. Ich liebe verschiedene Sachen, weil man auch als Mensch alles in sich hat.  

Musical-World: Wie weit kann man als Musical-Star die Zukunft planen? Was steht als nächstes an? 

Pia Douwes: Ich habe in den letzten zehn Jahren nur für Chicago Auditions gemacht. Ansonsten bin ich gefragt worden, ob ich eine Rolle spielen würde. Aber man kommt auch in ein Alter, wo man nicht immer für eine Rolle geeignet ist. Weil man selber älter wird, aber nicht die Rollen. Da kommt man in eine Zwischenphase. 

Musical-World: Ist es für weibliche Darsteller schwieriger als für männliche? 

Pia Douwes: Nein, für Männer gilt das genauso. Ja, es gibt Madame Mde. Thenadiere und Sunset Boulevard usw., aber es gibt immer eine Phase, wo man ein bisschen dazwischen hängt und wo man sich natürlich fragt, ob man das schon spielen oder noch spielen kann. Eines Tages fragt man sich: Wofür bin ich jetzt geeignet? Ein Vorteil ist natürlich, wenn man renommiert ist und die ganzen Hauptrollen schon gespielt hat. Ich bin jetzt auch im Dienst von Joop van den Ende, da kann ich ein paar Sachen hintereinander planen, weil er Stücke auswählt, für die ich auch geeignet bin. Nächstes Jahr wird es ein bisschen anders aussehen, da werde ich vielleicht nach Deutschland gehen. Da bin ich dann wieder nicht in Holland. Wirklich ganz weit vorausplanen kann man nicht. Aber ich bin schon glücklich und sehr dankbar, dass ich schon ein bis zwei Jahre vorausplanen kann. Die meisten Leute können das nicht.  

Musical-World: Ist das Musical-Geschäft schwieriger geworden? 

Pia Douwes: Ja, es gibt im Moment sehr viele Musicals und noch mehr Darsteller und jeder möchte heutzutage auch gleich eine Hauptrolle haben. Das war vor zehn Jahren absolut nicht so. Ich habe nicht mal gewusst, ob ich irgendwas bekomme. Ich habe einfach die nächste Show gemacht. Ich war sogar Tänzerin in einer Travestie-Show! Und nachdem ich Cats in einer Hauptrolle gespielt habe, bin ich wieder mit einer Ensemblerolle zurück nach Holland in irgendeine Show gegangen, weil ich die Erfahrung machen wollte und weil ich einfach Arbeit brauchte.

Das Musical ist kommerziell geworden und man ist immer sehr fixiert auf den Star der Show. Früher hießen wir nicht Musical-Star, sondern einfach Musical-Darsteller auch wenn man bekannt war! Jetzt heißt das angeblich anders. Es ist ein richtiger Boom geworden und jeder möchte dorthin aufsteigen. So entwickelt sich das. Genauso wie im Fernsehen. Wenn man dort ein Ding gemacht hat, ist man bekannt. Und dann wird man gleich benutzt für alles andere. Auch das war früher anders. Heute ist es für einen Darsteller schwieriger, weil viel mehr Konkurrenz da ist und man härtere Auditions machen muss und für sich viel härter kämpfen muss. Früher gab es weniger Shows und viel weniger Leute. Wir haben uns alles selber erarbeiten müssen. Heutzutage ist es eine ganz andere Balance, glaube ich, und das ist interessant zu sehen. Aber auch ich muss heutzutage viel mehr kämpfen, um am Ball zu bleiben und mein Geld zu verdienen. Wenn ich keine Arbeit habe, verdiene ich kein Geld. Aber ich habe das Glück, dass ich viel gemacht habe auch international in vielen Ländern eine gewisse Bekanntheit habe – manchmal ein bisschen weniger, manchmal ein bisschen mehr. Darüber bin ich wirklich glücklich. 

Musical-World: Ist es nicht schlimm, dass Sie ständig mal nach Österreich, Deutschland, Holland usw. müssen? 

Pia Douwes: Schlimm wäre es, wenn man keine Basis hätte. Wien war und ist noch immer meine Basis, obwohl ich nicht mehr so häufig dort bin, weil es weniger Arbeit gibt. Man vermisst dann ein Zentrum. Reisen ist nichts Schlimmes, es ist sogar herrlich! Ich liebe Sprachen. Es ist einfach schön, wieder deutsch zu reden. Überall im Ausland zu arbeiten, macht dich toleranter, es macht dich offener für neue Erfahrungen, weil du mit Leuten einer anderen Kultur arbeitest. Viele Kollegen sind Engländer und du lernst damit umzugehen, wie es dort ist und dort funktioniert. Man muss sich anpassen können. Wenn man das nicht kann, sollte man nicht gehen, denn dann hat man eine furchtbare Zeit.

Manche sagen, die Leute in Österreich seien furchtbar und ich finde das gar nicht: Ich liebe sie, weil ich weiß, wie sie funktionieren! Ich kenne ihre schlechten und guten Seiten. Und die haben wir Holländer auch. Wenn ich nach Holland zurückkomme, fallen mir diese Seiten schon auf, weil ich irgendwie nicht mehr typisch holländisch bin! Die Leute, die überall arbeiten, haben eine tolerantere größere Verständlichkeit anderen gegenüber. Man lernt Sprachen und ich liebe Sprachen. Ich liebe das Singen auf Deutsch mehr als das holländische. Ich singe natürlich am häufigsten in Englisch aber mein Bereich war immer Deutschland, Österreich und Holland. Ja, Sprachen liegen mir einfach – ich kann mich sehr gut ausdrücken. 

Musical-World: Vielen Dank für dieses ausführliche Interview

Pia Douwes: Ich habe zu danken, es war sehr interessant! Und ich hoffe, wir sehen uns in Deutschland bei den 3 Musketieren wieder!

© Interview & Fotos: Stephan Drewianka, Musical-World.de

Alles zu Pia Douwes bei Sound Of Music!

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