Blickpunkt Musical Ausgabe 1-5 © Blickpunkt Musical
Blickpunkt Musical Ausgabe 1-5 © Blickpunkt Musical
Sie befinden sich hier: Literatur / Zeitschriften / Blickpunkt Musical
Literatur
1911_KDL_HAM_300x250
Anzeige


100. Ausgabe der Zeitschrift Blickpunkt Musical

Von 1 bis 100: Erinnerungen vom Redakteur der ersten Stunde Stephan Drewianka

Noch lange bevor jede Musical-Premiere in den sozialen Medien auseinandergenommen wurde oder jeder Texthänger eines Darstellers von You-Tube-Influencern oder Bloggern kritisiert wurde, erstellte ich 1999 meine eigene Homepage zum Thema Musical. Trotzdem staunte ich nicht schlecht, als ich im Frühjahr 2002 eine E-Mail von Martin Burkhardt aus Hamburg mit folgendem Wortlaut erhielt: „Hallo Stephan, wir möchten gerne eine neue Musical-Zeitschrift für Deutschland herausbringen. Könntest Du Dir vorstellen, für uns als freier Redakteur zu arbeiten? Du musst nur Ja sagen.“ Ich antwortete mit „Ja, ABER ich habe doch gar keine journalistische Ausbildung…“ und darauf kam: „Uns gefallen Deine Kritiken auf Deiner Homepage. Dieser freche, aber faire Stil ist genau das, was wir uns für die Zeitschrift vorstellen.“ Warum sollte ich dieses Angebot dann nicht annehmen?

Einzelausgaben (auch ältere Ausgaben) gibt es im Sound Of Music Shop!


Das erste Interview

Meine erste Aufgabe lautete sogleich: „Geh nach Oberhausen, schau Dir „Falco Meets Amadeus“ an, schreib eine Kritik und wenn Du schon mal da bist, führe für Ausgabe 2 noch ein Interview mit den Hauptdarstellern Nicolaus Hagg und Natascza Boon. Und mach ein paar Bilder von den Interviewparten, die brauchen wir auch.“ Ist klar! Was frage ich denn zwei Darsteller eines Stückes, das ich noch nicht gesehen hatte? Und dann noch 45 min lang. Da hatte der angehende Redakteur plötzlich Panik und Lampenfieber. Aber was soll´s, ab ins kalte Wasser. Vor Ort begann ich mein Interview mit der Einleitung: „Ich mache das hier zum ersten Mal. Wenn ich Fragen stelle, die zu persönlich oder frech sind, bitte einfach ignorieren.“ Das Interview lief locker, die Darsteller waren nett und freundlich und die Fotos waren so gut, dass ein Bild gleich das Titelmotiv von Ausgabe 2 der neugeborenen Blickpunkt Musical wurde.


Vom Redakteur zum Fotografen

Mit so viel Rückenwind ging es munter weiter mit einem ausführlichen Bericht zur „Sound Of Music“-Geschäftseröffnung in Essen, bei denen ich Kurzinterviews mit Jesper Tyden, Annika Bruhns, Anna Montanaro, Leon van Leeuwenberg, Felix Martin, Jerzy Jeszke, Bettina Meske und Sascha Th.G. Krebs führen durfte. Und für Ausgabe 4 plauderte ich schon sehr locker mit Uwe Kröger. Anders als bei meiner Musical-Homepage öffneten sich mir für das Print-Medium Blickpunkt Musical plötzlich Türen, die für den normalen Musicalfan verschlossen waren. 2005 durfte ich einen ausführlichen Backstage-Bericht zur AIDA-Inszenierung im Colosseum Theater Essen inklusive Interview mit Hauptdarstellerin Florence Kasumba (ja, das ist die Dame, die jetzt auch in The First Avenger: Civil War, Black Panther, Wonder Woman und Avengers: Infinity War mitspielt) schreiben. Da stand ich mit meiner tollen Systemkamera auf einer relativ dunklen Bühne und durfte den Fight-Call, bei dem die Kampf-Choreografie mit den am Abend spielenden Darstellern millimetergenau einstudiert wurde, fotografieren. Das Ergebnis waren nur unterbelichtete und verwackelte Bilder. Wütend verließ ich das Theater und kaufte mir noch am selben Nachmittag meine erste Spiegelreflex-Kamera, damit ich in Zukunft professionellere Fotos schießen konnte. Und im Selbststudium wurden meine Bühnenfotos mit den Jahren(!) immer besser, so dass ich mittlerweile der offizielle Fotograf der „Musicalstars In Concert“-Reihe bin und meine Fotos schon in Programmheften, Kalendern und auf CD-Covern genutzt wurden.


Interview mit Pia Douwes

Mein persönliches BliMu-Highlight war ein Interview mit Pia Douwes, das ich während meines Sommerurlaubs in Holland in Rotterdam zur Uraufführung von „3 Musketiers“ führen durfte. Es war ein Samstagnachmittag, mir wurden 30 min Interviewzeit direkt vor Vorstellungsbeginn versprochen, doch „Milady De Winter“ kam 10 min später und musste an der Stagedoor noch Küsschen an Fans verteilen, dass ich schon dachte, das Interview wird extrem kurz. Als ich dann mit den Worten begann: „Ich habe im Internet ein wenig recherchiert und festgestellt, dass Sie Vegetarierin, eine gute Tiefseetaucherin und Großnichte von Doris Day sind. Aber mehr habe ich nicht über die Privatperson Pia Douwes gefunden.“ und darauf die Antwort bekam: „Und das ist auch gut so!“, dachte ich schon, jetzt ist das Interview zu Ende. Doch mit Fragen zu Country-Musik (ihrer Lieblingsmusik) und einem Japan-Konzert zu „10 Jahre Elisabeth“ entlockte ich der Ex-Kaiserin von Österreich so manches intime und persönliche Detail. Nach über 1 Stunde kurzweiligem Plaudern kam plötzlich die Durchsage, Frau Douwes müsse sich jetzt dringend für ihren Auftritt in der bereits seit 45 min laufenden Show vorbereiten. Als ich das Interview niederschrieb, hatte ich 14 DIN A4-Seiten, von denen 6 Seiten in zwei Ausgaben der Blickpunkt Musical abgedruckt wurden.


Während meiner Arbeit für die Zeitschrift hat die BliMu nach Martin Burkhardt über Michaela Flint bis Oliver Wünsch dreimal den Herausgeber gewechselt. Mit Stolz darf ich sagen, dass ich seit 100 Ausgaben in (fast) jeder Ausgabe mit 1-7 Berichten und zahlreichen Fotos vertreten bin (in der Jubiläums-Ausgabe 100 also gleich mal meine Premierenkritik zu „Whistle Down The Wind“ lesen!). Egal ob Backstage bei „Die Schöne und das Biest“ (bei der ich die Maske verlassen musste, damit ich nicht das Geheimnis der Prinz zu Biest-Verwandlung ausplaudern kann), „Hairspray“-Premiere in Köln (bei der ich in einer Sitzreihe mit der Kelly Family saß, die wirklich lautstark Maite Kelly feierte), dem Besuch der neuen Starlight Express-Version zum 30 Jahre-Jubiläum in Anwesenheit von Komponist Sir Andrew Lloyd Webber (der recht begeistert seiner generalüberholten Show Applaus spendete) oder dem Interview mit Les-Miserables Schöpfer Claude-Michel Schönberg (bei dem er nach nur 7 min von der Presseleitung zum nächsten Interview weitergereicht wurde) habe ich im Auftrag der BliMu wirklich viel erleben dürfen. Als promovierter Chemiker ist mein Hobby „Musical“ eine spannende Abwechslung an jedem Wochenende und ich freue mich auf die nächsten 100 Ausgaben meiner Lieblings-Musical-Zeitschrift in den kommenden 17 Jahren, wenn ich zur 200. BliMu als Musical-Grufti meinen 68. Geburtstag feiere. Bis dahin: viel Spaß beim Lesen!

© by Stephan Drewianka, Musical-World.de; dieser Artikel erschien ebenfalls in der 100. Ausgabe der Musical Fachzeitschrift Blickpunkt Musical, 03/19, Mai-Juli 2019

Einzelausgaben (auch ältere Ausgaben) gibt es bei Sound Of Music

Anzeige