Abenteuerland © Jochen Quast
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Theater
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ABENTEUERLAND – Das Musical mit den Hits von PUR

Weltpremiere 2023 exklusiv im Capitol Theater Düsseldorf

Seit dem 22. Oktober 2023 hat Deutschland ein neues Compilation-Musical, diesmal mit 30 Songs der Band PUR. Als Schülerband „Crusade“ 1975 von Ingo Reidl und Roland Bless gegründet, stößt ein Jahr später der 15-jährige Hartmut Engler als Sänger dazu und bis 1980 wächst die Band weiter mit Jo Crawford und Rudi Buttas. Mit deutschen Songtexten aus der Feder von Hartmut Engler über Zwischenmenschliches nennt sich die Band nun „Opus“ und produziert selbst finanziert zwei Alben. Da ihnen eine andere österreichische Gruppe gleichen Namens mit dem Hit „Live is Live“ dazwischenfunkt, nennen sie sich fortan PUR. 1986 gewinnt PUR den Bundesrock-Wettbewerb gegen 3000 weitere Teilnehmer, sie bekommen den ersten Plattenvertrag und landen 1990 mit dem Song „Lena“ ihren ersten Nummer-1 Hit in den Single-Charts. Das Album „Abenteuerland“ verkauft sich 1995 zwei Millionen Mal und PUR wird die erfolgreichste deutsche Pop-Band. Am 24. September 2022 feiert PUR ihr 40. Band-Jubiläum und kann auf zahlreiche Auszeichnungen mit mehr als 20 Platin-Alben zurückblicken.
Die Idee, aus diesem Schatz deutscher Pop-Kultur ein Musical zu machen hatte Produzent Martin Flohr bereits im Jahr 2013, als er praktisch nur mit der Musik von PUR im Gepäck den Jakobsweg ging. Die tiefgründigen Texte von PUR sah er bereits damals als Grundlage einer Familiengeschichte über drei Generation mitten als dem Leben. 2018 unterbreitete Martin Flohr einen ersten Entwurf dem Management von PUR und Martin Engler faszinierte die Idee eines PUR-Musicals, es sollte aber auf jeden Fall Tiefgang haben. Die Trigger-Warnung im Theater, dass das Musical Szenen enthält, die einen Selbstmord thematisieren und weiterhin auch ungewollte Schwangerschaften Handlungsschwerpunkt sind, stimmen auf einen Theaterabend ein, der neben einer Menge Situationskomik eben auch wirklich ernste Aspekte aufgreift. Das fertige Produkt „Abenteuerland“ präsentiert PUR und BB Promotion Ende Oktober 2023 im von der Ambassador Theatre Group übernommenen Capitol-Theater in Düsseldorf, dessen letzte En-Suite Produktion mit „Shrek“ bereits 9 Jahre zurückliegt.

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Abenteuerland - Die Handlung

Bei Familie Schirmer ist immer etwas los. Vater Robert arbeitet viel, um seiner Familie einen hohen Lebensstandard bieten zu können, fährt in seiner Freizeit viel Fahrrad und vergisst dabei auch schon mal den Geburtstag seiner Frau Petra, der 20 Jahre „Makiha“ (Mann, Kinder, Haushalt) nicht mehr genug sind und die sich mit Freundin Beate eine Auszeit nimmt und beim Tanzen auch einem Flirt nicht abgeneigt ist. Oma Lena fühlt sich als Witwe einsam und geht im Internet bei Dating-Portalen auf Rentnerfang und meint, im Fußballfan Karl eventuell eine gute Partie gefunden zu haben. Abiturient und Mädchenschwarm Alex, der gerade eine neue Beziehung mit der streng erzogenen Amira beginnt, träumt mit seinem besten Freund Tom von einer Karriere als Popstar und meldet seine Band bei einem Wettbewerb an, ohne dass Texter Tom einen fertigen Song auf Lager hat. Alex jüngere Schwester Anna hat es schwer in der Schule, da sie als Außenseiterin gehänselt wird. Heimlich ist sie in Tom verliebt und schreibt ihm ein Liebesgedicht, das sie in Toms Tasche steckt, wo es Alex findet und fälschlicherweise für Toms neuen Songtext hält und seine Band dieses Lied beim Wettbewerb präsentiert. Für Anna, die bei Tom abgeblitzt ist, weil Tom heimlich in Alex verknallt ist, bricht eine Welt zusammen, zumal auch niemand ihr Talent für das Verfassen des Gewinnersongs erkennt. Dann trifft Anna einen folgenschweren Entschluss, der die ganze Familie auf eine harte Probe stellt…

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Die Rollen und Darsteller

Nachdem sich die vier quadratischen Projektions-Elemente mit dem Heißluftballon des PUR-Plattencovers zu „Abenteuerland“ der besuchten Vorstellung am 03.11.2023 geöffnet haben, startet die Show zunächst etwas mystisch mit „Erzähler“ Mr. X (Kim-David Hammann), der die Hauptpersonen in 6 leuchtenden Spiegelrahmen im namensgebenden Titelsong vorstellt. Mr. X ist tatsächlich eine vielschichtige Figur, die einige Schicksal-bestimmende Rollen in Stück übernimmt und u.a. Lehrer, Wettbewerbs-Moderator oder heimlicher Verehrer ist. Die Bühne von Stephan Prattes verwandelt sich in eine gemütliche Wohnküche der Familie Schimer. Alle folgenden Szenenwechsel werden dank Drehbühne sehr harmonisch und fließend umgesetzt und zeigen mit unglaublich plastischen und extrem hell leuchtenden Video-Projektionen von Leo Flint im stimmigen Licht-Design von Ben Cracknell die unterschiedlichsten Spielorte inklusive eines Bahnhofs, bei den auf den seitlichen Wänden des Saales praktisch neben den Zuschauern Züge einfahren, Schatten von Zuschauern der Band zujubeln oder im Finale zum Song „Drachen sollen fliegen“ diese Kinderspielzeuge kunterbunt über die Wände flattern. Dies zieht die echten Zuschauer im Theatersaal in die Handlung hinein und wirkt plastisch und beinahe real.

Wir lernen mit Carolin Soyka eine starke und aufopferungsvolle Mutter Petra kennen, die ihren Geburtstag mit „Ein Graues Haar“ als Wendepunkt sieht und mit der immer quirligen und bestens aufgelegten Jana Stelley als Freundin Beate nicht mehr Ehemann und beinahe erwachsene Kinder in ihren Lebensmittelpunkt stellen will, sondern nach abgebrochenem Studium „Endlich ich“ mal wieder etwas für sich selbst tun möchte. Hannes Staffler spielt ihren business-bezogenen Ehemann Robert, der mitten in der Midlifecrisis, ohne es wirklich zu bemerken, seine Familie emotional vernachlässigt, obwohl er in seinen Augen natürlich alles in seiner Macht stehende tut, um als Alpha-Männchen erfolgreich zu sein. Sein Erstgeborener Sohn Alex (Johann Zumbütt) ist ganz Papas Ebenbild und als Band-Sänger nicht nur „Herzbeben“-Mädchenschwarm in seiner Abiturklasse, sondern auch noch heimliche Liebe seines besten Freundes Toms (klischeefrei gespielt von Christian Bock). Alex neuer „Verboten Schön“-Schwarm Amira (Elvin Karakurt) hat strenge Eltern, die Sex vor der Ehe prinzipiell nicht dulden – eine echte „Prinzessin“ mit potentiellem Migrationshintergrund. Mascha Volmershausen spielt das „Allein vor dem Spiegel“-Nesthäkchen und gleichzeitig 16 jährige Pubertäts-Problemkind Anna eindringlich überzeugend. Die eigentlichen Sympathieträger der Show sind jedoch unangefochten Bärbel Röhl als fitte und Internet-erprobte Oma „Lena“ mit ihrem neuen „Wenn Sie diesen Tango hört“-Verehrer Frank Bahrenberg als 11-Freunde-Fan Karl. Im weiteren Ensemble beleben die Bühne Pauline Schubert, Nadine Lauterbach, Florian Karnatz, Jessica Kessler, Pascal Pfeiler, Lena-Sophie Pudenz, Anja Quinter, Marcel Walther, Julia Waldmayer und Jakob Wirnsperger, die in der szenengerechten Choreografie von Jonathan Huor auch Körpereinsatz zeigen dürfen.

PUR-Songs in Compilation-Show

Die PUR-Songs, mit ordentlichem Wumms live von einer 6-köpfigen unsichtbaren Band unter der musikalischen Leitung von Jeff Frohner gespielt, erzählen die Geschichte tatsächlich mit den Originaltexten, die hartgesottene PUR-Fans im Publikum während der Show auch mal wie in einem Live-Konzert mitsingen, entweder als kompletten Song oder durchbrochen mit Dialogpassagen extrem gut ohne dabei als Fremdkörper zu wirken. Und für die Songs, die partout nicht in die Handlung passen wollen, gibt es schließlich noch die Band-Auftritte von Alex & Co., deren Bandnamen sich übrigens an der Entstehungsgeschichte von PUR orientiert, wobei PUR auf der „Parkbank“ im Stück für die eingeritzten Initialen von P(etra)U(nd)R(obert) steht. Oder eben auch die Albtraum Sequenz „Seiltänzertraum“ zu Beginn des zweiten Aktes. Und damit PUR-Fans auch „Funkelperlenaugen“ bekommen, krönt das Finale der Show ein PUR-Mega-Mix als Zugabe den Abend.

Vielleicht hinkt der musikalische Musical-Vergleich etwas, aber was „Ich war noch niemals in New York“ für Udo Jürgens Fans war, kann „Abenteuerland“ für PUR-Anhänger werden, denn beide Stücke transportieren bekannte Hits in einen völlig neuen Handlungskontext ohne dabei zu sehr konstruiert zu wirken und das funktioniert dank guter Regiearbeit von Dominik Flaschka beim PUR-Musical sogar noch etwas besser als auf dem Ozeantrip der drei Generationen der Jürgens-Show, wobei beide Compilation-Musicals bei näherer Betrachtung einige Charakterparallelen aufweisen. Wer hingegen bisher wenig mit der Musik von PUR in Berührung kam, erlebt trotzdem einen Abend perfekt inszenierter Unterhaltung mit einer Familie von „Nebenan“.

© Text: Stephan Drewianka; dieser Bericht ist Titelthema in der Musical Fachzeitschrift Blickpunkt Musical 06-23 - Ausgabe 126, Fotos: Jochen Quast und Patric Fouad mit freundlicher Genehmigung des Capitol Theaters Düsseldorf und BB Promotion

Alles zum Musical Abenteuerland bei Sound Of Music.

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