Interview mit Bernie Blanks: Starlight-Express Darsteller Rusty vor seinem Konzert Another Country
Direkt vor der Premiere seines ersten Country-Konzerts Another Country in Düsseldorf sprach ich mit dem sympathischen Musicalstar und ehemaligen Starlight Express Rusty Bernie Blanks, der genauso freizügig wie während der Show aus seinem Leben plauderte:
Starlight Express Star Bernie Blanks über seinen Unfall
Bei Starlight Express habe ich einen Unfall gehabt, bei der meine beiden Knie in Mitleidenschaft gezogen wurden, aber mittlerweile sind beide wieder ganz gut verheilt. Am Ende der Show haben wir den Mega-Mix und dabei habe ich von einem Rollschuh den Stopper verloren. Ich habe die Bühne verlassen, um schnell einen Eratz zu bekommen. Das ist kurz vor dem Schlussapplaus passiert und ich fragte die Leute vom Stagemanagement, wann ich wieder zum Verbeugen raus kann. Ich sollte mich den Mädchen anschließen, wenn sie ihre erste Runde fahren. Das wollte ich dann tun, doch als ich aus dem Tunnel kam bin ich mit einem Stuntskater, der mindestens noch 30 km/h drauf hatte, frontal zusammen gestoßen. Mein ganzes Gesicht war hinüber, meine Nase hat geblutet und ich konnte nichts mehr sehen. Aber ich habe einen guten Chirurgen, der mir eine Kopfwunde genäht und mich wieder zusammengeflickt hat. Alle Bänder in beiden Knien waren überdehnt, aber mit meinem Meniskus und den Kreuzbändern war doch noch alles in Ordnung. Eigentlich kam mir der Unfall fast gut gelegen, denn so konnte ich intensiver meine Show vorbereiten. Bei »Starlight« konnte ich mit 30 kg Kostüm auf dem Rücken noch nicht auftreten, aber bei meiner Country-Show Another Country ein bisschen rumstehen, singen und erzählen – das geht ganz gut. Ich bleibe solange als Rusty beim Starlight Express, wie die mich haben wollen. Ich liebe diese Rolle und fühle mich dort sehr wohl. Jetzt sind meine Knie wieder in Ordnung und es kann weitergehen.
Another Country: Bernie Blanks mit moderner Country-Musik
Ich habe für den heutigen Abend eine kleine Maxi-CD herausgebracht und hoffe, dass wir dieses Konzert nach diesen beiden Shows auch noch häufiger spielen können, denn jetzt ist die ganze Arbeit fertig und ich habe nur noch Spaß bei den Auftritten. Das ist meine Show und das Capitol hat mir das Studio-Theater zur Verfügung gestellt. Aber die Show könnte ich überall hin mitnehmen. Aber als zweites Standbein ist das zu wenig und ich habe dieses Konzert eher zum Spaß gemacht, da ich Country-Musik schon mein ganzes Leben sehr liebe. Es war immer mein Traum, ein Country-Konzert mit einer kleinen Band zu machen und den erfülle ich mir jetzt. In Deutschland ist Country-Musik nicht so alltäglich wie in Amerika, wo sie von 80 Millionen Leuten im Radio gehört wird. Country ist das meistgehörte Radioformat in Amerika! In Deutschland gibt es nur eine sehr kleine Country-Musikszene. Ich wollte etwas machen, was cooler und peppiger ist als das, was die Leute so unter Country verstehen. Das sind alles relativ neue Lieder von neuen Künstlern, die ich vortragen werde und auch ein paar von mir selbst komponierte Stücke – das ist sehr moderne Country-Musik, eben nicht Kenny Rodgers und John Denver.
Ich werde begleitet von Musikern, die schon lange in Deutschland tätig sind, die spielen in Musicals oder bei Popproduktionen mit und für mich sind das die besten Musiker, die man frei miteinander kombinieren kann. Und dann habe ich noch einen Background-Sänger und zwei Sängerinnen mit Superstimmen, die auch schon ganz lange im Musicalgeschäft sind. Die Musik klingt echt toll, gestern haben wir von 12 bis 18 Uhr geprobt und wenn es heute nur halb so gut wie gestern klappt, werden wir einen super Abend haben. Ich habe extra für die Show zwei Lieder komponiert, die Texte geschrieben und produziert: »Little Bernie B« und »The Old Stone Temple«. Auf der Bühne des Studio-Theaters habe ich »Godspell« von Stephen Schwarz über Parabeln aus der Bibel gemacht, was mir sehr gut gefallen hat. In Berlin war ich bei »Shakespeare & Rock´n Roll«, »Grease« in Wien, Zürich und Düsseldorf, »Tabaluga« in Oberhausen und natürlich »Starlight«. Bevor ich jetzt wieder beim »Starlight« angefangen habe, war ich in Amerika. Ich hatte nie zuvor in New York gelebt, nur ganz kurz als ich auf der Uni war, aber dann habe ich schon ein Engagement beim »Starlight Express« bekommen und war dann in Deutschland. In New York habe ich also ganz neu angefangen und das war sehr abenteuerlich. Wenn man einen guten Job als Schauspieler haben will und um überhaupt vorsingen zu dürfen, muss man in der Gewerkschaft sein. Dort kann man aber nur Mitglied sein, wenn man einen gewerkschaftlichen Job hat – das ist ein Teufelskreis: kein Job ohne Gewerkschaft, keine Gewerkschaft ohne Job! Das war echt tricky, doch nach einem Jahr hatte ich es mit einem Agenten geschafft. Ich habe einige Musicals gemacht und in den zwei Jahren in fünf verschiedenen Shows gespielt.
In dieser Zeit habe ich auch Gesangsunterricht gegeben und das war sehr schön. In Amerika gibt es Tanzschulen, die große Wettbewerbe im ganzen Land organisieren. Dazu treffen die Tanzschulen sich am Wochenende im Kongresszentrum eines Hotels und veranstalten diese Wettbewerbe. Ich habe für eine Firma gearbeitet, die »Access Broadway« heißt, und die für die Kinder an diesen Wochenenden Tanz-, Gesangs- und Schauspielunterricht anbieten. Am Ende dieses Wochenendes müssen die Kinder eine nachgestellte Audition machen mit Tanzen und Vorsingen. Ich habe die Kinder für die Audition im Gesang vorbereitet. Die Altersgruppen waren von 6-18 Jahre und ich hatte in jeder Stunde eine andere Gruppe, angefangen von den 6-10 jährigen bis zu den 15-18 jährigen. Ich liebe die menschliche Stimme und ich liebe Gesang und es war für mich einfach rührend, diese Kinder singen zu hören. Manche mit soviel Leidenschaft und Freude, dass es ein Geschenk für mich war, diese Kinder unterrichten zu dürfen. Kinder sind so lernfähig und neugierig. Ich habe viel Erfahrung, weil ich schon mit 10 Jahren angefangen habe, professionell zu singen. Ich hätte nie gedacht, dass ich etwas habe, das ich weitergeben kann. Es war schön, mein Wissen und meine Erfahrung weitergeben zu dürfen.
So etwas würde ich nicht im Theater machen. Zwar sage ich meinen Kollegen immer, das war besonders gut, da hast Du toll gesungen und gespielt. Aber das man in die Rolle und die Auslegung eingreift wäre sehr unprofessionell. Das ist wie ein ungeschriebenes Gesetz am Theater: gib nie deinen Kollegen Korrekturen oder Verbessungsvorschläge – das macht einzig und allein der Regisseur! Während meiner Zeit in Amerika hat mich »Starlight«-Produzent Thomas Kraut angerufen und gefragt, ob ich wieder den Rusty spielen würde. Da habe ich zunächst gelacht und gefragt, ob er weiß, wie alt ich bin. Ich bin dann nach Deutschland zurückgekommen, weil ich dachte, dass dies sicher die letzte Chance sein würde, diese Rolle nach 11 Jahren noch einmal spielen zu können. Ich habe diese Rolle geliebt und habe nur gute Erinnerungen an die frühere Zeit beim »Starlight«. Und ich dachte mir, ich sollte es ein letztes mal machen. Ich habe für Thomas Kraut in Düsseldorf lange Zeit »Grease« gespielt und es war mir ein Vergnügen, wieder für ihn arbeiten zu dürfen. Er war damals fast wie ein Vater für mich und wir haben eine sehr gute Beziehung – das hat sicherlich auch eine wichtige Rolle gespielt. Beim »Starlight Express« hat sich in der neuen Version mit den neuen Bahnen durch das Parkett und den neuen Liedern auch viel geändert. Ich vermisse den Song »Du Allein« schrecklich: seit ich wieder da bin, habe ich mit Thomas Kraut und dem musikalischen Leiter aus London gesprochen und auf Knien gebettelt, dieses schöne Lied doch wieder in die Show zurück zu bringen. Ich finde, das war das schönste Stück in der ganzen Show und es ist nur ein ganz kleiner Rest übrig geblieben.
Als ich zurück zu »Starlight« kam, habe ich die drei Monate dauernde Skateschule, vor der sich jeder neue Darsteller fürchtet, da es echte Knochenarbeit ist und Dir alles weh tut, mitgemacht. Skaten ist zwar wie Fahrradfahren, das man nicht verlernt, aber es war bei mir 11 Jahre her und die Show ist sehr gefährlich, da braucht man eine gute Vorbereitung. Aber meine Fans sind mir in diesen Jahren treu geblieben. Es ist toll, ich bekomme so viele Briefe von Familien, die mir schreiben, dass sie »Starlight« als Teenager mit mir gesehen haben und jetzt bringen sie ihre Kinder mit in die Show und freuen sich, dass ich immer noch da bin! Ich habe eine Generation von Leuten begleitet und jetzt ist eine neue Generation da! Jetzt habe ich alle Altersgruppen als Fans und das schmeichelt mir. 1987/88 habe ich den »Starlight Express« als Tournee in Japan und Australien gemacht. Und während meiner Zeit in Australien haben mich die damaligen deutschen Produzenten, die Stella, angerufen und gefragt, ob ich nach Deutschland kommen würde. Ich war damals jung und froh, die Welt sehen zu dürfen, deshalb sagte ich sofort zu. Ich bin sehr gläubiger Mensch und ich danke Gott jeden Tag für mein Leben und was mir bisher so reichlich geschenkt worden ist.
Nach Rusty und Tabaluga & Co. würde ich sehr gerne mal den Charlie Brown im gleichnamigen Musical spielen und natürlich unheimlich gerne einmal einen der Jungen in »Blood Brothers«! Für den Club des Capitol-Theaters wäre dieses Stück perfekt und ich würde dieses Musical sehr gerne mit Ralf Schädler spielen! Diese Rollen passen aber auch wieder perfekt in mein Rollenklischee vom Jungen, der nicht erwachsen wird. Aber jetzt habe ich mein Country-Projekt »Another Country« verwirklicht. Natürlich wird kein Deutscher das Konzert besuchen, weil er Country sehen will, die kommen schon wegen mir, weil in Deutschland die Country-Musik eher unbekannt ist. Ich werde dem deutschen Publikum vorstellen, was moderne Country-Musik ist, denn es ist abwechslungsreich und eine schöne Musik! Aber alles aus Amerika kommt früher oder später nach Deutschland, ob es nun Fastfood ist oder Musik. Ich wollte nicht schon wieder eine Musicalgala machen, wo man immer wieder dasselbe hört. Ich habe zum Konzert eine Maxi-CD mit drei Liedern herausgebracht und würde sehr gerne ein ganzes Album machen. Eine CD zu machen ist nicht schwer, aber sehr teuer und das finanzielle Risiko trage ich selber bei der Maxi.
Bei einer Musicalgala im Kölner Musicaldome habe ich ein Lied aus dem Country-Musical »The Civil War« von Frank Wildhorn gesungen – „Virginia“. Das ist auch ein tolles Lied, das ich sehr liebe, weil ich ja auch aus Virginia komme, aber das gibt es nicht in meinem Konzert. Es wird nach Düsseldorf hoffentlich noch weitere Konzerte von »Another Country« geben und ich freue mich, Euch dort wieder zu sehen!
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© Interview & Fotos: Stephan Drewianka; eine gekürzte Version dieses Interviews lesen Sie ebenfalls in der BLICKPUNKT MUSICAL, Ausgabe 06/05, November-Dezember 2005
Alles zu Bernie Blanks bei Sound Of Music!