Musical Marie Antoinette
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Musical Marie-Antoinette in Bremen

Wirtschaftlich ein Fiasko, künstlerisch ein Gewinn - „Marie-Antoinette“ fuhr 1,5 Millionen Euro Miese ein

Mit 90.0000 Besuchern kamen deutlich weniger Gäste als erwartet – Die Weserstadt verabschiedet sich von der Landkarte der Musical-Standorte

Das war’s denn: Marie-Antoinette ist (inzwischen längst Musical-)Geschichte. Am Pfingstsonntag hatte sich im Bremer Richtweg zum letzten Mal das überdimensionierte Fallbeil auf die unglückliche Monarchin herab gesenkt. Tilt, game over!  Nach 123 Shows im hiesigen Musicaltheater war das Kapitel „MA“ damit geschlossen - vorerst. Und es endete mit einem Fiasko. Nach dem Kassensturz gähnte ein tiefes Finanzloch im Beutel: 1,5 Millionen Miese hatte die Produktion eingefahren, was Radio Bremen, Deutschlands musical-feindlichste Sendeanstalt, auf seiner Internetseite hämisch „Pleitekönigin statt Glamour-Queen“ titeln ließ. Aber auch die linke „taz“ stieß in dieses Horn, fand zu einer ähnlichen Wortspielerei: „Die Königin als Schulden-Queen“. Gut, Schulden angehäuft hatte schließlich auch die reale, historische „Marie Antoinette“ – und das nicht zu knapp. Aber die Ursachen für das Scheitern ihrer Bühnenadaption sind vielschichtiger Natur. Prügelknabe ist jetzt erst einmal Theaterintendant Hans-Joachim Frey, unter dessen Verantwortung das ehrgeizige Unternehmen angegangen worden war. Und dass Bremen auf lange Sicht etwas Gleichwertiges erleben wird, ist eher unwahrscheinlich. Die Weser-Stadt hat sich erst einmal als Musical-Standort von der Landkarte verabschiedet. Eine Inszenierung in dieser Dimension wird es wohl so schnell nicht mehr geben. Wenn ein hochklassiges Premium-Stück wie „MA“ hier schon nicht greift, was bitteschön dann?

Dabei hatte alles so viel versprechend angefangen. Ein mitreißendes und bewegendes Top-Stück aus der Feder des kongenialen Autoren-/Komponisten-Tandems Kunze/Levay, eine First-Class-Cast, ein hervorragendes Orchester, prächtige Kostüme, ein adäquates Bühnenbild, eine stimmige, einfallsreiche Regie (Tamiya Kuriyama), günstige Eintrittspreise und ein 600.000 Euro teures Hochglanzmarketing (das allerdings schon jenseits eines 100 km-Radius verpuffte) - es hätte eigentlich nicht viel schief gehen dürfen. Das alles hatte natürlich seinen Preis. Die Produktionskosten betrugen 5,8 Millionen Euro. Für ein Stadttheater ein gewaltiger Batzen. Immerhin kam rund eine Million durch einige potente, überregionale Groß-Sponsoren herein. Und doch ging die Rechnung hinten und vorne nicht auf.

120.000 (zahlende) Besucher in der lediglich auf vier Monate angesetzten Spielzeit hätten es mal mindestens sein müssen, um Null auf Null aus diesem Experiment heraus zu kommen. 90.000 sollen es schließlich unterm Strich nur gewesen sein. Und ein nicht kleiner Teil von ihnen nahm die mitunter erheblicher Preisnachlässe, Sonderaktionen und –konditionen in Anspruch, die einzuräumen sich die Verantwortlichen angesichts drohender leerer Ränge gezwungen sahen. Trotzdem war das Theater unter der Woche nicht selten nur zur Hälfte besetzt, weil man eben mit dieser Produktion auch voll in die globale Wirtschafts- und Finanzkrise hineingerutscht war. Ein Jammer! In Zeiten wie diesen halten die Leute ihre Cents eben zusammen. Die Theatergänger buchten da lieber Plätze des niedrigeren oder mittleren Preissegmentes, während die besseren und natürlich teureren Karten weniger gefragt waren. Demgegenüber standen immense, nicht vorhersehbare Kosten wie jene für die Anmietung einer leistungsfähigeren Beschallungsanlage oder höhere Ausgaben für Kostüme und Bühnenbild.

Natürlich ist Frey (und nicht nur er) über das finanzielle Waterloo enttäuscht. Aber er tröstet sich ein wenig mit dem künstlerischen Erfolg. Man dürfe nicht nur eine Debatte über Zahlen führen, sondern müsse auch den Faktor Qualität mit in die Bilanz einbeziehen. Da hat er Recht. In dieser Hinsicht war „Marie-Antoinette“ ein großer Gewinn. Da sind sich selbst die meisten Kritiker und das Publikum ausnahmsweise völlig einig. Eine der faszinierendsten neuen Produktionen der letzten Jahre. Aber es war schon mutig, sich die Rechte für deren Europa-Premiere zu sichern. Für ein Stadttheater wie das Bremer, das die benötigte Spielstätte im Richtweg von der städtischen HVG ja auch erst anmieten musste, dürfte dieser Brocken wohl doch letztlich etwas zu groß gewesen sein. Schade eigentlich, denn nach dieser Pleite wird sich kein Intendant eines vergleichbaren Hauses durch ein so ambitioniertes Unterfangen die Finger verbrennen wollen. Das bedeutet: Das Feld wird auch weiterhin von wenigen Monopolisten beherrscht. Innovation und Experimentierfreude, die häufig von kleineren Häusern und/oder Produzenten ausgehen, bleiben dabei zwangsläufig auf der Strecke – oder finden nur in ganz begrenztem Umfange statt.

Gesamtaufführung in Korea?

Das eingefahrene Defizit will Intendant Frey in den Liquiditätsvorgriff packen, mit dem sein Theater den Haushalt der kommenden Spielzeit belastet. Abstriche bei der bisherigen Planung soll es aber nicht geben. Auch hofft er auf eine Zweitverwertung von „Marie-Antoinette“. In diesem Zusammenhang gibt es konkrete Verhandlungen mit Korea, wo das Stück als erste deutschsprachige Gesamtaufführung gezeigt werden könnte: „Wir hoffen, bald zu einem entsprechenden Vertragsabschluss zu kommen“. Die Welturaufführung von „MA“ hatte seinerzeit in Japan stattgefunden. Bereits in einem sehr frühen Stadium hatten die Verantwortlichen angekündigt, dass Stück nach dem Bremen-Gastspiel auf Tournee schicken zu wollen. Das war möglicherweise ein fataler Fehler. Wahrscheinlich, dass viele Fans und Interessenten daraufhin von einem Besuch an der Weser Abstand nahmen, weil sie hofften, die Inszenierung später noch irgendwo anders (in ihrer Nähe) erleben zu können. Bis zuletzt hat sich auch das Gerücht gehalten, das Musical-Drama könnte eventuell in Wien unter kommen . Das würde ja hinsichtlich des familiären Hintergrundes von Marie-Antoinette (sie war eine Tochter des österreichischen Kaisers Franz I) passen. Eine Delegation der Vereinigten Bühnen war denn auch vor Ort gewesen, um sich das Stück anzuschauen. Konkrete Informationen, ob und wo es im deutschsprachigen Raum mit „MA“ weiter geht, liegen jedoch noch nicht vor. Aber die grandiose Bremer Besetzung (u.a. Ethan Freeman, Patrick Stanke, Marc Clear, Tim Reichwein, Maike Switzer, Bettina Meske) wird wohl so nicht mehr zusammen zu bekommen sein.

Bärenstarke Frauen

Zu den großen Gewinnern von Bremen gehören die Damen. Marie-Antoinette ist ja ein Stück, das von den Charakteren zweier starker Frauen getrieben wird, der Königin von Frankreich und der Blumenverkäuferin Magrid Arnaud. Für Roberta Valentini war es die erste Hauptrolle in einer Groß-Produktion. Die italienisch-stämmige Nürnbergerin lieferte als Königin von Frankreich einen vortrefflichen Job ab und dürfte sich damit für weitere große Aufgaben empfohlen haben. Zum nachhaltigen Triumph wurde dieser schwierige Part aber für ein Mädel aus Hannover: Maricel. „Nur“ als „alternierende Erstbesetzung“ gesetzt, nutzte das Multitalent von der Leine die Gelegenheit, sich eindringlich in Erinnerung zu rufen, weidlich. Die Intensität und Überzeugungskraft, mit der diese Künstlerin, die allein 56 Shows als Königin bestritt, agierte, ließen Publikum und Kritiker jubeln. Ihre Wandlung von der egoistischen, prunksüchtigen Monarchin zur mitfühlenden, gealterten, von Leid gezeichneten, desillusionierten und angesichts des Todes mutigen und stolzen Frau und Mutter gehörte zu den ganz großen Momenten der Show. Und dann Sabrina Weckerlin als Margrid Arnaud, der wichtigsten Person der Handlung. Die junge Aktrice aus Baden-Württemberg zählt ja zu jener neuen Generation aufstrebender Darstellerinnen, die ihren Zenit noch längst nicht erreicht haben und von denen noch Großes zu erwarten ist. Künstlerinnen wie sie werden Aufmerksamkeit der deutschsprachigen Musicallandschaft in den nächsten Jahren auf sich ziehen. Diese Entwicklung zeichnete sich bereits in Weckerlins Rolle der „Constanze“ bei den „3 Musketieren“ ab, erfuhr mit der „Heiligen Elisabeth“ nochmals seine Steigerung und fand in „MA“ seine konsequente Fortsetzung.

© by Jürgen Heimann, Fotos: Stephan Drewianka (3)

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Sabrina Weckerlin und Patrick Stanke konzertieren dreizehnmal in Tokio

Zusammen mit der ersten Garnitur der japanischen Musicalszene

Im Nippon-Land sind die beiden große Nummern: Dr. Michael Kunze und Sylvester Levay. Fast kein Musical aus der Feder des kongenialen Tandems, das nicht im Reich der aufgehenden Sonne aufgeführt wurde. Zuletzt „Rebecca“, das Anfang April in Tokio Premiere feierte. Die Menschen im viertgrößten Inselstaat der Welt stehen auf die Werke des Ungarn und des Deutschen. Und deshalb, gibt’s im Juli noch einen konzertanten Nachschlag.

Mit „Die Welt von Michael Kunze und Sylvester Levay“ ist eine Konzertreihe betitelt, die vom 17 bis 28. Juni im TOHO-Theater in Tokio über die Bühne geht. Insgesamt 13 Shows  stehen an. Sie beinhalten die schönsten Songs aus der Ideenschmiede des germanischen Libretto-Papstes und seines Komponisten-Partners. Mit von der Partie sind neben einem großen, vom „Meister“ (Levay) himself dirigierten Orchester und einem großen Chor  die prominentesten Köpfe der japanischen Musical-Szene, deren Namen uns in Merkel-Land aber wenig sagen. Die von Sabrina Weckerlin und Patrick Stanke hingegen schon. Die beiden Künstler zählen hierzulande zu den exponiertesten Darstellern der jüngeren Generation. Warum das so ist, dürfen sie dem Publikum nun in der fernöstlichen 8-Millionen-Metropole zeigen. „Die Einladung der Produzenten, als einzige deutsche Musicalvertreter an diesen Groß-Konzerten mitzuwirken,  ehrt uns“, sagt Stanke. Da konnten er und seine Partnerin schwer nein sagen. Das Paar wird Titel aus ”Marie Antoinette”, “Elisabeth” und “Mozart” singen, sowohl in Deutsch, als auch in English und zusammen mit der Cast auf Japanisch.

© by Jürgen Heimann

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