Der kleine Horrorladen - Musical in Castrop-Rauxel
Open Air-Premiere des Musicals Der kleine Horrorladen in Castrop-Rauxel: Irgendwo im Grünen
Einmal jährlich lautet das Motto für das Westfälische Landestheater Bühne raus…! Drei Tage Theater im Freien. Dazu wurde der Altstadtmarktplatz in Castrop-Rauxel vom 31. August bis zum 2. September mit Zuschauertribüne, Zelt für das Orchester und Spielbühne zweckentfremdet. Auf dem Spielplan standen die Wiederaufnahme von Harry & Sally sowie die Premieren des Kinderstücks Tim Thaler und des Musicals Der kleine Horrorladen in der Inszenierung von Andreas Lachnit, von der hier berichtet werden soll.
Umsetzung des Musicals als Open-Air Inszenierung
Das Musical Der Kleine Horrorladen von Howard Ashman und Alan Menken nach dem Film von Roger Corman eignet sich wegen seines schlichten Bühnenbildes perfekt für eine Open Air Inszenierung. In Castrop-Rauxel sorgte Laurentiu Tuturuga für ein einfaches, aber zweckmäßiges Bühnenbild aus Sperrholzwänden, das hauptsächlich das Innere des Blumenladens von Mr. Mushnik repräsentierte und mit einfachen Umbauten zur heruntergekommenen Straße Skid Row oder in die Arztpraxis von Orin Scrivello verwandelt werden konnte, indem per Gabelstapler ein mobiler Zahnarztstuhl hereingefahren wurde. Eine besondere Herausforderung war natürlich die Gestaltung der fleischfressenden Pflanze Audrey II, die Gehilfe Seymour mit blutigem Daumen vom mickrigen Topfpflänzchen zur riesigen Monsterblume heranzüchtet, die nach immer mehr menschlichen Opfern dürstet. Andreas Kunz spielt allein die überdimensionale Pflanze, was, wie sich beim Schlussapplaus herausstellte, eine schweißtreibende Arbeit war.
Die Darsteller des Musicals Der kleine Horrorladen
Das nur fünf Mann starke Lippe-Saiten Orchester heizte den Darstellern des Musicals Der kleine Horroladen mit Keyboard, Bass, Schlagzeug, Gitarre, Mandoline und Klavier unter der musikalischen Leitung von Tankred Schleinschock richtig ein, so dass sich alle Darsteller im Verlauf des Stückes beachtlich entwickeln konnten. Da waren zunächst die drei Soulgirls Chrystal (Jenny Braunschweig), Ronnette (Vera Marhold) und Chiffon (Cornelia Löhr, die im zweiten Musical auf dem Marktplatz auch in der Rolle der »Sally« zu sehen war). Die Erzählerinnen überzeugten zwar durch klaren und harmonischen Gesang, es fehlte ihnen jedoch der letzte Schliff an >schwarzer Seele<, die den rockig-jazzigen Stücken das besondere Etwas gibt. Peter Adrian E. Krahl brachte als Mr. Mushnik mit seinem kräftigen Bariton ein opernhaftes Flair in die Rolle der geldgierigen Vaterfigur.
Stefan Leonard zelebrierte seine krankhaft sadistische Ader als Zahnarzt Scrivello schauspielerisch perfekt im Zusammenspiel mit seinen Kollegen Guido Thurk als Patient und Vesna Buljevic als herrische Domina-Krankenschwester, die in knappem Kittel summend selbst das Hereinrollen des Zahnarztstuhls zu einem Erlebnis werden ließ. Einzig die Tatsache, dass diese >Folterszene< nach 90 Minuten Spielzeit kurz vor der Pause auf dem mittlerweile doch recht kühlen Marktplatz stattfand, ließ sie bei einigen Zuschauern, die auf einen wärmenden Kaffee warteten, zu lang erscheinen. Leider hatte der Peiniger in der Lederkluft auch keinen großen Auftritt auf dem Motorrad, was gerade bei einer Open Air-Inszenierung sicher ein Highlight hätte sein können.
Das zweite Opfer von Scrivello, die devote Geliebte Audrey, die immer wieder mit blauem Auge oder gebrochenem Arm von ihren Dates zurückkommt, wurde von Gerrit Pleuger mit der nötigen Naivität und piepsigen Stimme hervorragend gespielt. Ihr heimlicher Verehrer und Pflanzenflüsterer Seymour wurde von »Harry«-Darsteller Markus Kloster gesungen, der die überraschendste und überzeugendste Wandlung im Stück präsentierte. Der zunächst schüchterne Trottel mauserte sich zu einem wild mit der Axt mordenden Helfer der Unterdrückten, der dann aber über den aufopferungsvollen Tod seiner Angebeteten verzweifelte und eine immense Wut auf das nimmersatte Unkraut entwickelte. Zusammen mit Sonja Herrmann als Stimme von Audrey II lieferte er ein fetziges Rockfeuerwerk ab, das selbst noch nach fast 3 Stunden Spielzeit Spaß beim Zuschauen und –hören machte.
Tournee des Kleinen Horroladens in diverse Stadttheater
Nach seinem Open Air-Debüt wird dieser kleine Horrorladen gut bedacht zu einer Tournee in diverse Stadttheatern aufbrechen: bis Ende August 2008 wird Audrey II versuchen, die Welt in Velbert, Witten, Bünde, Bocholt, Rheinberg, Marl, Ratingen, Dorsten und Bottrop unter ihre Knechtschaft zu zwingen. Halten Sie mit einer Großpackung Pflanzenvernichter Ausschau nach dem rockenden Gemüse – es lohnt sich!
© Bericht & Fotos by Stephan Drewianka, Musical-World.de; dieser Artikel ist ebenfalls in der Fachzeitschrift Blickpunkt Musical (Ausgabe 06/07 November/Dezember 2007) erschienen!
Alles zum Musical Der Kleine Horrorladen bei Sound Of Music.