Maricel
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Maricel in Concert: Die „Prinzessin“ von der Leine sammelt Punkte im Schatten der Schwebebahn

Eine heilige Jungfrau auf der Überholspur: Jeanne d‘Arc

Ob Hure oder Heilige, Königin oder Gossenkind, sie hat schon alles durch. Für einen Musical-Star dieser Provenienz ganz normale Härte. Ungeachtet ihres breit aufgestellten Rollen- und Charakterenspektrums bleibt aber auch immer Luft für Neues abseits alltäglicher Pfade. Da ist die Prinzessin von der Leine ziemlich experimentierfreudig, umtriebig und kreativ. Maricel, dieses stimmstarke Multitalent aus Hannover, ist seit Jahren eine feste und anerkannte Größe im deutschsprachigen Musical-Business. Wobei sich die blonde Powerfrau keineswegs nur im Licht der Bühnenscheinwerfer sonnt. Das wäre (ihr) auf Dauer zu langweilig.
Maricel ist eine Künstlerin mit vielen Gesichtern. Und deshalb hat sie ihre Claims noch auf zahlreichen anderen Feldern abgesteckt. Da gibt es eine ganze Ecke mehr weiterer ambitionierter Baustellen. Der blonde Wirbelwind, der zur Zeit im Theater Bonn als Revoluzzerin „Sheila“ bei den lang-Hair-igen Hippies den imaginären Joint kreisen lässt, hat als Autorin, Komponistin, Songwriterin und Regisseurin meist (bzw. immer) gleich mehrere Eisen im Feuer. Und die soll man /frau ja schmieden, so lange sie noch heiß sind. Und ein ganz heißer Feger ist in diesem Zusammenhang eine Jungfrau, und zwar die aus/von Orléans.

Ein Stück mit viel Potential

Dass unsere französischen Nachbarn in diesem Jahr mit großem Pomp den 600. Geburtstag ihrer einst auf dem Scheiterhaufen verbrannten aber dann später reumütig selig- und heilig gesprochenen Nationalheldin begehen, ist im Kontext dieses ehrgeizigen Projektes mehr oder weniger Zufall. An Jeanne d’Arc, die im Laufe der Geschichte bereits von den unterschiedlichsten politischen Interessengruppen vereinnahmt worden ist, reibt sich die vielseitige Aktrice aus dem Niedersächsischen schon seit einigen Jahren. Und inzwischen ist das Paket fertig geschnürt. Die Fachwelt zeigt sich, soweit sie vorab Einblick nehmen durfte, begeistert von dessen eingängigem Klangreichtum und attestiert dem opulenten Werk enormes Potential. Und es dürfte nur noch eine Frage der Zeit sein, bis sich ein potenter Produzent findet, der dieses facettenreiche Musical „made by Maricel“, das den Vergleich mit den Hits der etablierten Platzhirsche in keinster Weise zu scheuen braucht, auf die Bühne bringt.

Appetithappen

Vielleicht war es ja die Erwartung auf einige Klang- und Kostproben aus „Jeanne d’Arc“, die das Publikum am Abend des 4. Adventssonntags so zahlreich in die malerische Immanuelskirche in Wuppertal hatte strömen lassen. Einige Appetithappen daraus standen auf dem Speiseplan und machten Hunger auf mehr. Darüber hinaus war eine Art „Best of“ der Hannoveranerin angekündigt, die bei dieser Gelegenheit die Stationen ihrer bisherigen Karriere Revue passieren und die schönsten Melodien aus den Produktionen, an denen sie mitgewirkt hat, präsentieren wollte.
Die Immanuelskirche im Osten der Schwebebahn-Stadt, ein ehemaliges zum Kulturzentrum umgewidmetes Gotteshaus aus dem 19. Jahrhundert, ist ein Traum einer Location. Atmosphäre und Ambiente dieses im Karree Sternstraße - von-Eynern-Straße - Normannenstraße gelegenen fünfjochigen Saalbaus sind bestechend. Es gibt wohl nicht viele Veranstaltungsorte zwischen Nordsee und Alpen, die dahingehend mithalten können. Außenstehende würden so etwas wohl kaum und ausgerechnet in Wuppertal-Barmen vermuten. Insofern bot das zweckentfremdete ehemalige Sakralgebäude einen denkbar passenden Rahmen für diesen Anlass, Vorweihnachtsstimmung inklusive.

Familientreffen in der Kirche

Maricel-Fans aus ganz Deutschland ließen aus dem Konzertabend eine Art Familientreffen werden. Trotz zeitgleicher „Konkurrenz“-Veranstaltungen im regionalen Umfeld war das Haus nahezu ausverkauft. Und die Besucher erlebten eine glänzend disponierte Gastgeberin, der man die Anspannungen der zurückliegenden Wochen, die sowohl beruflicher, als auch privater Natur waren, nicht anmerkte. Und die Trauer auch nicht. Erst kurz zuvor war ein Todesfall im engeren Familienkreis zu beklagen gewesen. Weshalb es auch ernsthafte Überlegungen gegeben hatte, die Veranstaltung ganz abzusagen. Doch der Familienrat entschied einvernehmlich: „Wir ziehen das jetzt durch. Und wir widmen den Abend ganz  für uns „in memorial“ unserem geliebten Verstorben“. Und daraus entwickelte sich dann eine Abfolge von ungemeiner inhaltlicher und emotionaler Intensität. 
Das durchdacht und abwechslungsreiche, mit viel Gespür zusammengestellte Programm beinhaltete alles, was des Musical-Freundes Herz begehrt. Vor allem war es in Gänze eine Steilvorlage, eine Steilvorlage für Maricel selbst, ihre enorme vokale Bandbreite und stimmliche Vielschichtigkeit ausreizen zu können. Und das tat sie denn auch inbrünstig. Das Mädel hat nun mal Gold in der Kehle und verfügt über eine gesangliche Bandbreite, von der andere nur träumen können...
Treibende Up-Tempo-Nummern wechselten sich mit gefühlvollen Balladen ab, dazwischen rockige Seitenhiebe und filigrane Melodiebögen klassischen Zungenschlags. Davon abgesehen: Die Show im dezent illuminierten Saal, die in jeder Sekunde die Liebe zum Detail verriet, wurde durchgehend von ansprechenden und pointierten Videoprojektionen untermalt.

Zwischen Freddie, Krolock und der Hexe Huckla

Da regnete es beim Opener Gold von den Sternen, während der Engel, der herein schwebte, aus Kristall war. Graf Krolock, dieser steile Zahn, knipste das Licht aus und tastete sich durch die totale Finsternis. Derweil suchte der unsterbliche Freddie Mercury nach „Sombody to love“. So richtig turbulent wurde es dann beim „Time Warp“, einer Zeitreise aus der Rocky Horror Show, die unter massiver und willig angenommener Einbeziehung des gesamten Publikums durch die Galaxien raste. Die euphorischen und sich enthusiastisch gebärdenden Zuhörer und -schauer ließen sich dabei nicht auch nicht lumpen. Da rockte und tobte der Saal.
Dass nicht nur die Kaiserin imstande ist, das vokal anspruchsvolle „Ich gehör‘ nur mir“ in der von seinen Urhebern gedachten Perfektion zu interpretieren, daran bestand, hätte es sie denn überhaupt gegeben, nach dem kleinen „Elisabeth“-Block auch kein Zweifel mehr. An diesem Lied haben sich ja schon viele Sängerinnen verhoben. Und die kleine Hexe Huckla, eine erfolgreiche, schul- und kinderpädagogisch angehauchte Kunstfigur aus dem Maricel-Universum, durfte natürlich auch mal ran und im Video gestützten Zwiegespräch mit ihrer Schöpferin „Guten Abend“ sagen. In Persona von Tamara Bauer war zudem eine der jüngsten Protagonistinnen dieses unterhaltsamen didaktischen Streichs mit von der Partie.
Nachhaltige Unterstützung erfuhr die Hauptperson dieses denkwürdigen Abends durch ihren Kollegen Petter Bjällö und ihren aktuellen Hair-Partner Julian David. Aus dem Orchestergraben des Bonner Theaters war auch Marcus Schinkel hinzugestoßen, der die Interpreten bei einigen Songs einfühlsam am Piano (und auf der Clavietta) begleitete. Und noch mehr großartige Sänger tummelten sich auf der Bühne. Aus Duisburg war der 15-köpfige StageFocus-Chor angereist, und das  mit dem einzigen Ziel, dem Mythos Jeanne d‘Arc zu huldigen. „Große Mädchen weinen nicht“ war der bislang einzige Song aus dem Stück, den Maricel bereits während des Musical-Allstar-Konzerts im vergangenen Jahr in der Essener Grugahalle vorgestellt und damit mächtig abgeräumt hatte.

Die Mischung stimmt

Aber dieser wunderschöne, emotional dichte Song ist nur die Spitze des Eisbergs, wie die Zuhörer nun bei einem kurzen „Jeanne d‘Arc“-Medley erleben durften. Das Werk bündelt packende, elektrisierende Kompositionen voller Eindringlichkeit und Eingängigkeit und ist eine Symbiose aus ebenso komplexen wie schlichten musikalischen Strukturen einer-, sowie treffend-sensiblen Texten andererseits. Genau die richtige Mischung. Da sitzt alles auf dem Punkt. Das choralhafte, gospelaffine und mit Unterstützung des Chors vorgetragene „Orléans“ verdeutlichte dies am nachhaltigsten. Weitere Kostproben: „Bis man den Himmel berührt“ und „Lächeln hält gesund“. Diese Stücke werden uns wieder begegnen, garantiert! Schaun‘ mer mal.
Dem bevorstehenden Weihnachtsfest war das herrliche und  chorlastige „Oh holy Night“ geschuldet, ein Showstopper gegen Ende der eigentlichen Show, die dann mit „Sing“ einen beschwingten Abschluss fand. Dass der Abend letztlich deutlich länger ausfiel, als ursprünglich berechnet, dürfte keinen gestört haben. Im Gegenteil.

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© Text: Jürgen Heimann, Fotos: Stephan Drewianka

Einen kleinen Einblick in „Jeanne D’Arc“ gab Maricel bereits bei ihrem Auftritt bei den Musical Allstars in der Essener Grugahalle am 08.10.11: