Anne Welte & Friends Musical-Gala
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Gute Freunde, starke Stimmen und ein Verdauungsschnaps zwischendurch

Anne Welte & Friends: Kevin Tarte, Sascha Krebs und Sandy Mölling gaben sich die Ehre

Auf die Frage nach den bekanntesten Saarländern mag man jenseits des kleinsten deutschen Flächenstaates recht unterschiedliche Antworten bekommen. Einigen wir uns an dieser Stelle auf Oskar Lafontaine, Heinz Becker und …Anne Welte!  Letztere gilt, ganz im Gegensatz zu ihrem Kollegen aus der Kabarett-Fraktion, als Prophet im eigenen Land sehr wohl etwas.  Während der Dudenhöffer-Gerd überall in Germanien punkten kann, nur eben daheim nicht, ist seine vokal-granatige Landsmännin diesseits und jenseits der Landesgrenzen eine populäre und gut gelittene Figur. Und wenn sie dann,“with a little help from her friends“,  noch ganz gezielt ihren Heimvorteil ausspielen kann, wie unlängst in Neunkirchen geschehen, um so besser.

Eins steht mal fest: Der Umzug aus dem Saarbrücker Congress Centrum in das  wesentlich intimere Bürgerhaus der ehemalige Hüttenstadt bei gleichzeitiger Terminvorverlegung aus dem Dezember in den Herbst hat dem Ganzen gut getan.  Klappe, die Neunte: Im ausverkauften Saal des stark frequentierten Kulturtempels der saarländischen Kreisstadt gab sich die populäre Aktrice am dritten Oktober-Wochenende wieder die Ehre. Und dafür, dass keine One-Woman-Show draus wurde, sorgten, wie es Brauch ist, wieder ein paar Freunde von ihr. Nicht umsonst heißt die beliebte Gala-Reihe ja auch „Anne Welte & Friends“.  Nomen est omen!

Blendend disponiert

Mit von der klangvollen Partie waren in diesem Jahr neben der Gastgeberin wiederum drei exponierte Repräsentanten aus der Welt des Musik-Theaters, zwei „alte Hasen“ und ein „Küken“: Kevin Tarte, Sascha Krebs und Sandy Mölling. Eine gute Wahl, wie sich zeigen sollte. Dabei heraus kam ein dreistündiges Musical-Fest. Die Akteure packten einen großen Sack aus, und der war bis zum Rand gefüllt mit unsterblichen Melodien und der ein oder anderen seltener gehörten Klangperle. Und dazwischen verirrte sich immer auch wieder einmal ein „artfremdes“ musikalisches Juwel, das man /frau auf einer derartigen Veranstaltung eigentlich gar nicht vermutete hätte. Der Fokus lag natürlich auf dem Musical-Bereich,  doch die Grenzen sind ja auch hier fließend.

Was nützt das beste, gut gemeinte Programm-Gerüst, wenn das Fundament wackelt. Tat es in diesem Fall natürlich nicht.  Mit Achim Schneider und seiner Band im Rücken weiß sich Anne Welte seit vielen Jahren auf der sicheren Seite. Und diesmal sollten die acht Instrumentalisten noch mächtiger aufdrehen als sonst. Die blendend disponierten Akteure taten es den Musikern gleich.

Was Kevin Tarte wirklich drauf hat

Kevin Tarte ist ja unter den Musicalkünstlern im deutschsprachigen Raum eigentlich derjenige, den man mehr als jeden anderen mit der Figur des Grafen Krolock aus dem „Tanz der Vampire“ identifiziert. Kein Wunder: Niemand  dürfte häufiger als Ober-Blutsauger auf der Bühne gestanden haben als er.  Das war zuletzt in Stuttgart wieder der Fall, und wird auch demnächst  in Berlin so sein, wo der US-Amerikaner, der seit über 20 Jahren in Deutschland lebt und arbeitet, als Erstbesetzung des Gruft-Fürsten angeheuert hat. Deshalb kam der ewige Bub mit der kraftvollen, warmen und nuancenreichen Stimme  auch im Saarländischen  um die „Unstillbare Gier“ natürlich nicht herum.

Doch Tarte ausschließlich auf die Krolock-Rolle zu reduzieren, greift viel zu kurz und wird seinem Talent und seiner stilistischen Bandbreite auch nicht nur annähernd gerecht. Der Mann aus Seattle kommt ja ursprünglich aus der Opern- und Operettenecke und hat eine klassische Gesangsausbildung durchlaufen. Und das blitzt natürlich immer wieder durch und lässt sich nicht verleugnen, seit er 1989 bei Cats in Hamburg seine Leidenschaft fürs Musical entdeckte und zum Konvertiten wurde, ohne jedoch fortan seine Wurzeln zu verleugnen.  In Neunkirchen switchte  Tarte zwischen „Elisabeth“ („Der letzte Tanz!“), „Jekyll & Hyde“ („This ist he Moment“) und den „3 Musketieren“ („Engel aus Kristall“ hin und her, um zwischendurch mit "Why God Way" auch der von ihm verehrten  „Miss Saigon“ seine Aufwartung zu machen.

Sascha Krebs ist eine ebenso schillernde Figur wie sein amerikanischer Kollege. Eine, die sich in keine Schublade pressen lässt. Doch der  Rock ’n’ Roll-Habitus verfolgt ihn auf Schritt und Tritt, was nicht ungelegen kommt und auch kein Zufall ist.  Mal ganz davon abgesehen, dass der gebürtige Heidelberger von Anfang an bis zum (vorläufigen Berliner) Ende zur Stamm-Cast  von „We will Rock You“ zählte, hat er neben seinen diversen Bühnen-Engagements immer auch rockmäßig irgendetwas laufen. So ist der langmähnige Tausendsassa ab Januar nächsten Jahres unter dem Motto „Rock meets Classic“ mit Legenden wie Ian Gillan (Deep Purple), Steve Lukather (Toto) und Chris Thompson (Manfred Mann’s Earth Band) auf Tournee.

Ein Rocker auf dem Opern-Trip

Insofern war sein Intro in Neunkirchen schon etwas atypisch, vor allem auch für eine Musical-Gala:   Mit einer packenden Version der Puccini-Arie „Nessun Dorma“ aus „Turandot“ glückte Krebs aber ein furioser Einstand. Da hatte der Mann schon beim Publikum gewonnen und zugleich angedeutet, wie breit er stilistisch und thematisch aufgestellt ist.  Und er, eine begnadete Plaudertasche, war der Erste, der sich auf Anne Weltes Interview-Sofa einen Schnaps bestellte. Angeblich als Verdauungshilfe für das vor der Show im  Bürgerhaus-Restaurant verspeiste Riesenschnitzel. Das hatte Signalwirkung auf die Kollegen, die in Folge ebenfalls Hochprozentiges orderten. Einige Reminiszenzen an die WWRY-Zeit, Headbanging inklusive, waren für Sascha Krebs mit „We will rock you“ und „We are the Champions“ allemal drin und ließen die Hütte rocken. Aber auch Bruce Springsteen,  „der Boss“, ließ da mit „Dancing in the Dark“  fetzig grüßen.

Die Wandlung eines Anti-Engels

Sandy Mölling war, was ihre music-alische Vita anbelangt, das Nesthäkchen unter den Künstlern. Ihre Liebe zum Genre hatte die „No Angles“-Sängerin erst im vergangenen Jahr entdeckt, als sie in Köln eine dem Namen ihrer Band diametral entgegengesetzte Rolle übernahm: die des „Engels“ im „Geist der Weihnacht“. Als solcher wird sie auch in der diesjährigen Auflage der zauberhaften Charles Dickens-Adaption auf der Bühne stehen, und zwar im deutschen Theater in München und in der Alten Oper in Frankfurt.
Aber die blonde Sängerin hat inzwischen weit mehr zu bieten, wie sie u.a.  mit „Someone like You“ aus „Jekyll & Hyde“, „Out her on my own” (“Fame”), „Hopelessly devoted to you“ (Grease), „Easy as Life“ (Aida) oder, im Duett mit Sascha Krebs,  „Written in the Stars“  aus dem gleichen Stück eindrucksvoll demonstrierte. Da darf man für die Zukunft noch einiges erwarten, zumal die Sängerin, wie sie gestand, jetzt erst richtig auf den Geschmack gekommen ist und sich jenseits ihrer Film- und TV-Engagements deshalb einen stärken Einsatz in der Welt des Musiktheaters durchaus vorstellen kann.

Bei einer derartig massierten Vokalpower wollte und konnte die Gastgeberin natürlich nicht zurückstehen und –stecken.  Anne Welte, der der Tecklenburger Freilichtspiel-Intendant Radulf Beuleke ob ihrer Stimmkraft den Spitznamen „Granaten-Anne“ verpasst hat, ließ musikalisch nichts anbrennen. Nach ihrer traditionellen Eröffnungs-Verbeugung vor Frank Sinatra („New York, New York“)  setzte sie in Folge u.a.  mit „I‘m an American Woman“ (aus „Rebecca), einem pfiffig arrangierten Valente-Musical-Medley, „Maybe this time“ aus „Cabaret“, Frankie Vallis „Can’t take my Eyes off of you“  und „So viele Lieder sind in mir“ auf ihre eigene Art Akzente.

„Granaten-Anne“ als Leichtgewicht

Die experimentierfreudige Künstlerin ist breit aufgestellt und operiert Stil- und Genreübergreifend. Und dabei scheint ihr nahezu  alles fast spielend und mühelos zu gelingen. Sie ist seit Jahren eine feste Konstante im deutschsprachigen Musicalbetrieb, wechselt nach Belieben auch schon mal ins Regiefach („Sekretärinnen“) und ist auch sonst immer wieder für die ein oder andere Überraschung gut. Da musste man diesmal zunächst schon zweimal hinschauen. „Die Welte“ ist gegenüber früher nur noch eine halbe Portion und dürfte mindestens 30 Kilogramm in den Sand gesetzt haben. Rank und schlank ist sie und kaum wieder zu erkennen. Sie sei aber keineswegs krank, beruhigte sie ihre Fans. Wohl alles eine Frage von Disziplin und Willen. Und wie man hören konnte, hat der pfundige Aderlass ihrer Stimme keineswegs  geschadet, im Gegenteil.

Traditionell hat die Welte-Gala Überlänge, traditionell endet sie stets mit den gleichen Zugaben: „Wenn man Freunde hat“ und dem „Lied des Volkes“ aus Les-Mis. Und das wird sich auch nächstes Jahr sicherlich so sein. Dann steht ein Jubiläum an. Klappe, die Zehnte.

© Jürgen Heimann, Fotos: Thomas Havlik