Der Mann der Sherlock Holmes war © Sarah Jonek
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Premiere des Musicals „Der Mann der Sherlock Holmes war“ am Theater Bielefeld

Ein besonderer Fall… von Identitätsdiebstahl

„Musicals made in Germany“ sind leider rar auf deutschen Bühnen, die sich oft lieber auf den Erfolg von britischen oder amerikanischen Importen verlassen. Einige Musicals, die tatsächlich komplett in Deutschland entstanden sind, stammen aus der Feder des deutschen Musicalautoren Marc Schubring. Nach seinem Erstlingswerk „Fletch – Saturday Bite Fever“ von 1993 bereicherte er erfolgreich die deutsche Theaterlandschaft mit Musicals wie „Moulin Rouge Story“ (2008), „Zum Sterben schön“ (2011), „Gefährliche Liebschaften“ (2015) und „Mata Hari“ (2023). Weiterhin komponierte er zahlreiche Kinder- und Märchen-Musicals für die Brüder Grimm Festspiele Hanau. Seine Musik belebt Schubring gern mit den Texten des Autoren Wolfgang Adenberg. Das Team arbeitete auch 2009 gemeinsam an einem Projekt, das die Staatsoperette Dresden gerne zur Uraufführung bringen wollte. Für die Auftragsarbeit begeisterte das Autorenteam das Theater sehr schnell für ihre persönliche Musicaladaption eines alten UFA-Films von Karl Hartel mit Hans Albers und Heinz Rühmann von 1937: „Der Mann, der Sherlock Holmes war“.

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Die Handlung

In London stehen 1910 die Privatdetektive Morris Flynn und Mackie McMacpherson vor dem finanziellen Ruin, weil ihnen die Aufträge wegbleiben. Mit dem letzten Firmenkapital kauft Morris einige Utensilien, die die beiden wie Sherlock Holmes und Doktor Watson aussehen lassen. Als sie den Zug zur Weltausstellung nach Brüssel anhalten, fliehen zwei zwielichtige Gestalten beim Anblick der vermeintlichen Super-Detektive. Morris und Mackie konfiszieren daraufhin deren Zugabteil und beginnen ihre „Ermittlungen“, die schnell zu den beiden Näherinnen Mary und Jane Berry im benachbarten Abteil führen, die eine beachtliche Erbschaft ihres toten Onkels antreten wollen und beinahe zum Ziel der Gauner geworden wären. Die geflohenen Verbrecher Jules und Jacques sind im Auftrag der dubiosen Lady Ganymare hinter einem Geheimnis im Schloss des verstorbenen Onkels her, dessen Rätsel zu einem versteckten Vermögen sie aber unmöglich lösen können, und so macht sich die Lady an das Detektiv-Duo heran. Auch Mary und Jane erkennen, dass ihre Erbschaft ohne gelöstes Rätsel wertlos ist, und sie erinnern sich gerne an die netten Detektive aus dem Zug. Aber Morris und Flynn werden bereits von der Brüsseler Polizei zu Hilfe gebeten, als sich die wertvollen Exponate der Weltausstellung, zwei Blaue Mauritius Briefmarken als Fälschungen entpuppen. Es gibt also viel zu tun und das Verbrechen schläft nicht, zumal sich Jules und Jacques längst bei Mary und Jane als Butler im Schloss eingeschlichen haben. Oder hängen am Ende sogar alle mysteriösen Vorkommnisse irgendwie zusammen?

Nach der recht erfolgreichen Uraufführung des Musicals in Dresden folgten einige kleinere Inszenierungen dieses Musicals. Erst 14 Jahre später wagte sich das Stadttheater Bielefeld unter der Regie von Sandra Wissmann erneut an eine große Umsetzung von „Der Mann, der Sherlock Holmes war“, die am 03. September 2023 Premiere feierte.
Das bekannte Rühmann/Albers Duett aus dem Film „Jawoll, meine Herrn, so haben wir das gern!“ wird im Musical nicht zitiert. Schubring orientiert sich am Musikstil der 1930er Jahre, wie er zur Zeit der Filmvorlage von Komponisten wie Benatzky und Kalman in Operetten, aber auch im Cabaret gespielt wurde. Wer aber nun angestaubte Melodien aus dem Grammophon erwartet, wird bereits von der spritzigen Ouvertüre, die William Ward Murta als musikalischer Leiter der üppig besetzten Bielefelder Philharmoniker locker aus dem Handgelenk dirigiert, eines Besseren belehrt. Eingängige Duette prägen als Leitmotiv die schmissige Partitur.

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Darsteller und Rollen

Markus Schneider als elegant-pfiffiger Morris Flynn, der kleinkariert adrett in die Rolle von Sherlock Holmes schlüpft, harmoniert schauspielerisch und gesanglich perfekt mit Merlin Fargel als Mackie / Dr. Watson. Der Identitätsdiebstahl geht beiden locker-flockig und ohne viel Reue von der Hand, aber welcher Zuschauer kann diesen Betrug zwei so sympathischen Sunnyboys lange übelnehmen, zumal die Intention dahinter ja durchaus positiv-ehrenvoll in der Verbrechensaufklärung liegt?
Echte Gauner und zugleich das Komiker-Duo sind Nikolaj Alexander Brucker als Jacques und Alexander von Hugo als Jules, die mit perfektem Timing viele humorvolle Höhepunkte setzten und denen das Autorenteam extra für die Bielefelder Inszenierung einen neuen Song auf den Leib geschrieben hat, der ihre finsteren Absichten und düsteren Charaktere pointenreich beschreibt. Als strahlend schöner Gegenpart glänzen Karen Müller und Charlotte Katzer als Geschwister Jane und Mary Berry. Als Näherinnen dürfen sie eine Step-Choreografie von Alexander von Hugo hinlegen, die wunderbar an klassische Broadwaymusicals erinnert. Cornelie Isenbürger ist als Gangsterboss Colette Ganymare der einzige Solo-Charakter im Stück – ein weiblicher James Moriarty als Sherlocks Gegenspieler. Ihr moderner schwarzer Leder-Look erinnert an Milady de Winter aus den „3 Musketieren“, und auch ihr gesamtes Auftreten als männermordender Vamp, der „Sherlock“ in einem erotischen Tango (Choreografie Yara Hassan) zum Duell herausfordert, um ihn danach wie in „50 Shades of Grey“ zu foltern, unterstreicht die Rolle eines emanzipierten Marvel-Bösewichts. Carlos Horacio Rivas und Lutz Laible schlüpfen in viele kleinere Charakterrollen, die allesamt ein Schmunzeln wert sind. Der Bielefelder Opernchor bevölkert die Bühne mit Leben und ist selbst mit Tanzschritten nicht überfordert. Sollten Morris und Mackie nicht eigentlich das Rätsel um verschwundene Briefmarken aufklären? Irgendwie schon, aber eigentlich steht doch die Love-Story der Detektive zu den Schwestern im Vordergrund, so dass sich zum Happy-End zwei neue Duett-Pärchen finden.

Die verschlungenen Handlungsstränge entwirren sich auf einer vielseitigen Drehbühne (Bühne und Kostüme: Britta Tönne), die die unterschiedlichsten Orte präsentiert: in Zugabteilen schlagen slapstickhaft Waggontüren, in Schloss-Bibliotheken öffnen sich Geheimtüren, in einer Fabrik rattern Nähmaschinen, in einem Hotel herrscht elegante Partystimmung bis die Hebebühne eine dunkle Kanalisation zum Showdown präsentiert. „Der Mann, der Sherlock Holmes war“ am Theater Bielefeld ist gute Musicalunterhaltung mit charmanten, charismatischen und cleveren Charakteren im Doppelpack, nostalgisch und trotzdem modern mit Feel-Good-Garantie. Wer sich an Compilation-Musicals sattgesehen hat, findet in diesem erfrischenden „Musical made in Germany“ vielleicht eine willkommene Abwechslung.

© Text: Stephan Drewianka, Fotos: Sarah Jonek (Bilder 1-5), Bettina Stöß (Bilder 6-13), dieser Bericht erschien ebenfalls in der Musical Fachzeitschrift Blickpunkt Musical 06-23 – Ausgabe 126
Alles zur Musical Der Mann der Sherlock Holmes war im Sound Of Music Shop!

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Besetzung am Theater Bielefeld

MORRIS FLYNN Markus Schneider
MACKIE MCMACPHERSON Merlin Fargel
JANE BERRY Karen Müller
MARY BERRY Charlotte Katzer
COLETTE GANYMARE Cornelie Isenbürger
JACQUES Nikolaj Alexander Brucker
JULES Alexander von Hugo
MR. DIMBLEBY / MRS. CROUCH /
SCHAFFNER 1 / MONSIEUR JARDIN /
PORTIER / NOTAR LUPIN /
POLIZEIPRÄSIDENT / STAATSANWALT /
ONKEL BERRY / SCHAFFNER 2 /
HOTELGAST / MANN 1 Carlos Horacio Rivas
RICHTER Lutz Laible / Ramon Riemarzik
SCHAFFNERIN Elena Schneider / Christin Enke-Mollnar
PAGE Christin Enke-Mollnar / Elena Schneider

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