Amerikanische Oper Street Scene am Theater Hagen
Kurt Weills Seifen-Oper: Gute Zeiten, schlechte Zeiten
Das Theater Hagen eröffnete am 05. September 2009 die neue Spielzeit mit der amerikanischen Oper Street Scene des 1935 in die USA emigrierten Deutschen Kurt Weill, dessen bekanntestes Stück sicherlich Die Dreigroschenoper ist. Im Gegensatz zur Moritat des Mackie Messer, bei der der Sprechgesang das Stück dominiert, verbinden sich bei Street Scene klassische Opernarien mit einem bunten Mix aus Swing, Gospel, Blues und Broadway-Sound, so dass Street Scene mitunter auch als Musical bezeichnet wird.
Inhalt und Handlung des Kurt Weill Musicals Street Scene
Basierend auf dem gleichnamigen Theaterstück des Pulitzerpreisträgers Elmer Rice zeigt Weill das Zusammenleben unterschiedlichster Kulturen in einer Straße in New York über einen Zeitraum von 24 Stunden. Es ist heiß in New York und das Leben spielt sich mitten auf der Straße ab: Da sind die klatschenden Nachbarinnen, die sich über die Affäre von Mrs. Maurrant mit einem Getränkehändler ergötzen, während der leicht reizbare Ehemann auf Geschäftsreise geht. Deren Tochter Rose wird von ihrem Chef umworben, wo doch eigentlich die Jugendliebe Sam ganz in der Nähe wohnt. Der eifersüchtige Mr. Maurrant hat Verdacht geschöpft, dass seine frustrierte Frau ihn betrügt und kehrt mit geladener Waffe früher heim als erwartet. Für Rose und ihren kleinen Bruder bricht eine Welt zusammen, als der Vater wegen Doppelmordes zum Tode verurteilt wird. Eine Heirat der Tochter eines Mörders würde Sams hoffnungsvolle Karriere zerstören...
Street Scene: Alltag versus Traum vom besseren Leben
Obwohl die amerikanische Oper Street Scene die Welturaufführung bereits am 9. Januar 1947 im Adelphi Theater in New York feierte, ist das Thema Klatsch, Gehässigkeit und Konkurrenzdenken verschiedener Nationalitäten immer noch aktuell, fast wie eine anspruchsvolle Seifen-Oper. Mit einem Augenzwinkern kombiniert Regisseur Roman Hovenbitzer die alltäglichsten Szenen wie Geschirrspülen in gelben Gummihandschuhen mit klassischen Arien über den Traum von einem besseren Leben. Roy Spahn hat dazu eine zweigeteilte Bühne entworfen, die unten die Straßen-Szenen präsentiert, während oben die Wohnung der Maurrants hinter einem halbdurchsichtigen Vorhang verborgen ist, auf den auch Videos von Thorsten Alich und Andreas J. Etter projiziert werden können, die die Handlung dramatisch unterstützen und so eine ansonsten etwas langatmige Opernpassage geschickt in eine spannende Sequenz verwandeln. Sitzt man etwas weiter weg, erkennt der Zuschauer in den die Szenerie teilenden roten Leuchtstoffröhren in S-Form immer dann ein Dollarsymbol, wenn sich statt eines Vorhangs zwei parallele blaue Leuchtstofflampen herabsenken.
Orchester und Darsteller von Street Scene in Hagen
Modern und flott spielt das Philharmonische Orchester Hagen unter der Leitung von Florian Ludwig. Die Besetzung ist vorwiegend hausintern und dem Stück angemessen mit klassischen Stimmen besetzt, wobei besonders Dagmar Hesse als Anna Maurrant und Kristine Larissa Funkhauser als Tochter Rose aufhorchen lassen. Musicalfans werden besonders Spaß an dem Pärchen Marysol Ximénez-Carillo als quirlige Mae Jones und Partner Alexander Soehnle als Dick McGann haben, die mit einer exzellenten Tanzeinlage unter der Choreografie von Ricardo Viviani einen Glanzpunkt setzen.
Zunächst sind bis zum 8. Januar 2010 14 Vorstellungen von Street Scene am Theater Hagen geplant. Wer einmal leichte Opernluft schnuppern möchte, ist mit diesem sowohl unterhaltsamen als auch nachdenklich stimmenden Stück gut unterhalten!
© by Stephan Drewianka, Musical-World.de; Fotos: Stefan Kühle; dieser Bericht erschien ebenfalls in der Zeitschrift Blickpunkt Musical; Ausgabe 05/09, November/Dezember 2009
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