Weltpremiere von “Dogs – Hunde, die singen, beißen nicht“ 2025 am tic Kassel
Who Let the Dogs Out?
Nach 22 Jahren Theater im Centrum „tic - Das Musicaltheater“ in Kassel haben tic-Gründer Michael Fajgel und Partnerin Tanja Krauth Anfang 2025 die Theaterleitung an Fabian Joel Walter (künstlerische Leitung) und Juliane Wetzel (Geschäftsführung) übergeben. Mit 161 Sitzplätzen recht intim zeigt das freie Musicaltheater im Akazienweg pro Jahr 160-200 Vorstellungen, bei der über 30 selbstgeschriebene Musicals Premiere feierten. Hier sind noch einige Produktionen in der Pipeline des ehemaligen Kreativ-Teams, das wie die lokale Darstellerriege dem Theater hoffentlich auch weiterhin erhalten bleibt. Am 07.02.25 feierte „Night of the 80´s“ als Konzert mit den legendären Hits der 80er Jahre, interpretiert von Annabelle Nebe (ab 13.05.2025 Jessica Krüger), Michael Chadim und Harald Tauber, umjubelte Premiere. Am 21.02.25 folgte mit “Dogs – Hunde, die singen, beißen nicht“ von Tanja Krauth und Michael Fajgel ein „echtes“ Musical mit tierischem Kult-Potential. Vergessen Sie Andrew Lloyd Webbers „Cats“ und lassen Sie mal andere Vierbeiner zu Wort kommen!
Die Handlung von Dogs
Im Tierheim „Happy Pets“ bildet ein bunter Haufen zusammengewürfelter Einzelgänger eine ganz besondere Rudel-WG. Alle Kläffer teilen das Schicksal, das ihre bisherigen Besitzer sie ausgesetzt haben, und sie eint das Ziel, möglichst bald ein neues Frauchen oder Herrchen zu bekommen. Ältester Bewohner ist Riesenschnauzer Rocky (Michael Chadim), ausgesetzt auf einem Rastplatz an der tschechischen Grenze. Als Oberhaupt der „Familie“ plant er das individuelle Gassi-Gehen mit der immer übelgelaunten Heimleiterin Frau Spritzer und „organisiert“ für alle WG-Insassen gegen Leckerli-Währung alles, was das Hundeherz begehrt, wobei für ihn auch mal die neuste Ausgabe der „Playdog“ abfällt. Auch wenn er sich nur für die Bilder heißer Hündinnen im Innenteil interessiert, beherrscht Dalmatiner Gandhi (Adrian Kroneberger) dank seines ehemaligen Herrchens, einem Philosophie-Professor, die Kunst des Lesens. Als charismatischer und weiser Ruhepol befriedet er die Reibereien, die Rocky gerne mit der ausgemusterten Polizei-Schäferhündin Cobra (Annabelle Nebe) hat und kümmert sich rührend um die Welpen-Erziehung des jüngsten WG-Mitgliedes, Kurzhaardackel Purzel (Andreas Schneider), der trotz ständigen Furzens mit seinem Stofftier einfach superniedlich ist.
Der Haussegen hängt endgültig schief, als das verwöhnte Pudel-Glamour-Girl Diva (Denise Vilöhr, wie eine pretty in pink Starlight-Pearl) als fünftes Rad am Wagen einzieht. Sie ist sich sicher, dass alles nur ein Missverständnis ist und ihr Frauchen, die weltberühmte Sarah Sommer, sie nach ihrem Urlaub wieder zurücknimmt. Doch Ghandi findet in einem Bericht in der Boulevardpresse den echten Grund für Divas neue Heimat im Hundeheim: Sarahs neuer Freund hat eine Hundehaarallergie und das Paar hat sich eine Katze angeschafft. Katzen! Das Feindbild jedes Wauwaus, das alle Wadenbeißer sofort wütend aufknurren lässt. Und dann hat Frau Spritzer auch noch die gloriose Idee, ihr mittlerweile liebgewonnenes WG-Zimmer in ein Katzenhotel zu verwandeln. Nun müssen die fünf Hunde an einem Strang ziehen und handeln!
Bühnenbild und Kostüme
Bei „Dogs“ ist alles liebevoll gestaltet. Auch wenn das Hunde-WG-Zimmer im Bühnenbild von Oliver Doerr auf den ersten Blick wie ein vergittertes Gefängnis aussieht, lernt der Zuschauer schnell die individuellen Lieblingsplätze der Insassen kennen: ein Bücherregal für Ghandi, ein Sofa für Cobra, ein Sitzsack für Purzel, eine harte Pritsche für Rocky und naja, kein Platz für Diva. Riet Hannah Bernard steckt die Darsteller in wirkungsvoll einfache Kostüme, so dass die Hunderassen auch ohne Programmheft leicht zu identifizieren sind: Lederhose für den Dackel, Polizeiweste für den Schäferhund, Punkte (und Karos) für den schwarz-weißen Dalmatiner, schwarze Lederjacke und Jeans für den Schnauzer und ein pinkfarbenes Ballettröckchen für die Pudeldame.
Die Darsteller und Ihre Hunde-Rollen
Aber das ist alles nur Beiwerk, denn die Stars der Show sind natürlich die Darsteller selbst, die sich unter der Regie von Fabian Joel Walter sensationell Mimik und Gestik ihrer vierbeinigen Vorbilder angeeignet haben, auch wenn sie oft auf zwei Beinen laufen. Ob es das fünfstimmige Knurren ist, das als Running-Gag immer ertönt, wenn der Begriff „Katze“ im Musical fällt, das freudige Hecheln mit heraushängender Zunge, oder das mehrfache Kreisen um die Schlafstätte, bevor man sich hinlegt, die Schauspieler sind von Kopf bis Fuß auf Hund eingestellt, und schon diese Tatsache macht Spaß beim Zusehen. Doch diese Dogs können auch wirklich gut heulen, sorry, ich meine natürlich singen. Und das Repertoire handverlesener und zur Handlung passender Rock- und Popklassiker reicht von „Sway“, „Creep“ und „The Great Pretender“ bis zu Fred Astaire Klassikern, die mit der schmissigen Choreografie von Tanja Krauth und Jessica Krüger auch noch wunderschön vertanzt werden.
Diese „Dogs“ muss man einfach lieben und wie beim tic-Musical „Over The Top“ wünsche ich diesem neuen Highlight, dass es auch den Weg in andere, kleine Theater findet und nicht nur in Kassel erfolgreich aufgeführt wird: Wau!
© Text & Fotos: Stephan Drewianka 2025, dieser Bericht erschien ebenfalls in der Musical Fachzeitschrift Blickpunkt Musical 02/2025, Ausgabe 134
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