Peter Pan Kassel © Sylwester Pawliczek
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Theater




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Premiere „Die Räuber“ bei den 74. Bad Hersfelder Festspielen 2025

Tote Hosen bei Schillers Räubern?

"Die Räuber" ist ein Drama von Friedrich Schiller, das 1781 veröffentlicht wurde. Das Stück gilt als ein Hauptwerk des Sturm und Drang und zeigt die zerstörerischen Folgen von Unterdrückung und fehlgeleitetem Freiheitsdrang. Es handelt von den zwei ungleichen Brüdern Karl und Franz Moor. Der ältere Bruder Karl ist ein idealistischer, aber leichtlebiger Student, der nach einer Verleumdung von Franz vom Vater Maximilian enterbt wird. Aus Enttäuschung schließt sich Karl einer Räuberbande an und wird deren Anführer. Er will gegen soziale Ungerechtigkeit kämpfen, verliert dabei aber zunehmend die Kontrolle über sich und seine Ideale. Franz will Erbe und Macht für sich allein, hält den Vater gefangen und versucht Karls Verlobte Amalia für sich zu gewinnen. Als Karl in seine Heimat zurückkehrt und die Wahrheit über Franz Machenschaften erkennt, treibt das Franz in den Selbstmord. Doch auch Karl erkennt seine Schuld, tötet Amalia, um sie vor weiterem Leid zu bewahren, und stellt sich den Behörden.



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Schillers Drama als moderne Soap-Opera mit der Punkrock-Musik der Toten Hosen

Schillers Drama thematisiert Freiheit, Gerechtigkeit, Verrat und gesellschaftliche Missstände, mutet aber dennoch in vielen Teilen wie eine moderne Soap-Opera an. Regisseur Gil Mehmert geht dabei sogar noch weiter und verknüpft Schillers originale Texte mit der Musik der Punkrock-Band „Die Toten Hosen“ und bringt diese interessante Mischung am 27.07.2025 in der Stiftsruine Bad Hersfeld zur Premiere. Sechs Musiker (Bastian Ruppert und Pedro Reichert an der Gitarre, Servet Cenk Cenik am Bass, Merlin Hellenkamp an den Drums, Andreas Schneider am Schlagzeug und Patrick Lammer an den Keys) heizen Moors Räuberbande mit Titeln wie „Alles passiert“,  „Bis der Boden brennt“, „Wofür man lebt“, „Leben ist tödlich“, „Alles wie immer“ bis zu „Der letzte Kuss“ gehörig ein. Und wenn es nötig ist, greifen die Musiker proaktiv auch in die Handlung ein. Das moderne Libretto verbindet sich dabei nahtlos mit den lyrischen Reimen Schillers, eigentlich kann der Zuschauer kaum erkennen, wann Schiller endet und „Die Toten Hosen“ beginnen. 

 

 

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Viele bekannte Darsteller aus der Musicalszene

Viele bekannte Namen aus der Musicalszene sorgen bei den Darstellern für den guten Ton, aber auch für eine tiefe Identifikation mit Schillers Werk, es darf hier locker so viel Text rezitiert werden wie bei „Hamilton“, aber in Verbindung mit Punkrock und nicht mit Rap. David Jakobs („Der Glöckner von Notre Dame“ in München, Berlin, Stuttgart und Wien) ist als intriganter Franz brillant und ein perfekter Gegenspieler für Yascha Finn Nolting („The Rocky Horror Picture Show“ in St. Gallen) als Karl, dem übel mitgespielt wird, der sich aber sein Robin Hood-Dasein auch völlig anders vorgestellt hat und schließlich resigniert. Die einzige Frau im Drama ist Nora Schulte („Cabaret“ in Halle), die dem Werben von Franz um ihre Gunst widersteht, weil ihr Herz nur für Karl schlägt, bis sie dem Wahnsinn verfällt. Tom Zahner („Sunset Blvd.“ in Bonn) spielt Vater Maximilian, der im Stück gleich mehrfach stirbt, weil der Schein oft trügt. Unter den Räubern tummeln sich weiterhin Markus Schneider („Der Mann der Sherlock Holmes war“ in Bielefeld) als Roller, Christof Messner („Rent“ in Dortmund) als Spiegelberg, Tim Al-Windawe („Flashdance“) als Schweizer, Nico Hartwig („Jekyll & Hyde“ in Dortmund) als Schwarz, Wayne Götz als Grimm, Sven Gey als Kosinsky und Andrew Chadwick („Miami Nights“, Tanzchoreograf). Festspiel-Intendant Joern Hinkel lässt es sich nicht nehmen, in seinem letzten Jahr in Bad Hersfeld in die kleine Rolle des Paters zu schlüpfen, der der Räuberbande Freiheit verspricht, wenn sie ihren Hauptmann Karl verraten. Die Kostüme der Räuber von Heike Meixner erinnern optisch an „Fluch der Karibik“-Piraten, während die Bühne von Jens Kilian sehr zurückhaltend als schwarze Raute mit beweglichen Teilen gestaltet ist, die aber durchaus effektvoll auch Flammen speien können.

Trotz dieser geballten Ladung Musicaldarsteller bleiben „Die Räuber“ in Bad Hersfeld ein dreistündiges Schiller-Drama und kein Jukebox-Musical, nur weil die Musik der „Toten Hosen“ als geschicktes Stilmittel anklingt. Vom Premierenpublikum frenetisch zu Recht gefeiert, läuft das Stück als Schauspiel.

© Text und Fotos Schlussapplaus: Stephan Drewianka

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