Musical Tick, Tick... Boom!
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Musical Tick, tick… BOOM mit Alex Melcher und Vera Bolten im Katielli-Theater Datteln

Deutsche Erstaufführung des Musicals Tick, tick... BOOM! im Katielli-Theater Datteln

Jonathan Larson, geboren am 04.02.1960 in New York, träumte schon als Jugendlicher davon, wie sein Idol Stephen Sondheim ein großes Musical zu schreiben. Nach seinem Studienabschluss als Bachelor der freien Künste wohnte Larson in einer WG in SoHo, arbeitete am Wochenende als Kellner und komponierte während der Woche Werke wie „Sacrimmoralinority“ und „Superbia“. Seine Rockmusicals beschäftigten sich mit Themen wie Großstadtleben, Sucht und Homosexualität. Jonathan Larson starb am 25.01.96 wenige Stunden vor der ersten Aufführung seines Musicals Rent, das ausgezeichnet mit dem Pulitzer Preis und den Tony Awards in den Kategorien Bestes Musical, Bestes Buch und Beste Musik ein Welterfolg werden sollte.

Jonathan Larson verarbeitete Leben als erfolgloser Künstler

Im Musical Tick, tick, BOOM! verarbeitete Jonathan Larson sein eigenes Leben als relativ erfolgloser Künstler, der bis zu seinem 30. Geburtstag noch nichts vernünftiges geleistet hatte. Jon(athan) hängt an seinen Träumen und möchte wie Peter Pan nicht erwachsen werden. Freundin Susan hat den Schritt ins Erwachsenenleben bereits hinter sich und ihren Wunsch, als Tänzerin berühmt zu werden, an den Nagel gehängt, um reiche, unbegabte Kinder im Ballett zu unterrichten. Als sie aufs Land ziehen will, beginnt ihre Beziehung zu zerbröckeln. Sein Freund und Mitbewohner Michael, der seine Schauspielkarriere gegen einen lukrativen Job in der Marktforschung eintauschte, drängt Jon dazu, die brotlose Kunst und den Job als Kellner an den Nagel zu hängen, um seine Kreativität in der Werbebranche einzusetzen. Doch da meldet sich plötzlich Jons Agentin Doris, die sein Musical „Superbia“ der Öffentlichkeit vorstellen will. Werden sich Jons Träume an seinem Geburtstag doch noch erfüllen oder werden sich seine Wünsche und Träume nach der Explosion seiner im Kopf tickenden Zeitbombe in Schall und Rauch auflösen?

Musical Tick, tick... Boom konzipiert als Rock-Monolog

Larson konzipierte das Musical Tick, tick, BOOM! als Rock-Monolog eines einzigen Darstellers auf der Bühne – in den 90er Jahren eine völlig neue Form des Theaters. So wurde das Stück 1990/91 am Off-Off Broadway vorgestellt und verschwand relativ unbeachtet von der Bildfläche. Erst nach Larsons Tod und dem Erfolg des Musicals Rent erinnerte sich eine Produzentin an dieses Stück und beauftragte den Autor David Auburn mit der Überarbeitung des Stückes. Aus dem Monolog wurde ein Drei-Personen Stück, in dem ein Darsteller die Rolle des Jon übernahm, während zwei weitere Schauspieler neben den Charakteren Susan und Michael in eine Vielzahl weiterer Rollen schlüpften.

Vom Off-Broadway 2010 nach Deutschland

Das generalüberholte Musical feierte am 23.05.2001 am Off-Broadway seine Uraufführung und kam am 11.03.2010 durch eine Schulaufführung des Gymnasiums Kerpen auch nach Deutschland. Ebenfalls im Jahre 2010 begann Musical-Darsteller Bernd Julius Arends mit der Umsetzung seines persönlichen Wunschtraums vom eigenen Theater. Arends, im Ruhrgebiet geboren, absolvierte seine Ausbildung in Tanz, Gesang und Schauspiel in Hamburg, feierte seine Bühnenpremiere in „Sie liebt mich“ im Wiener Ronacher und war seitdem in vielen Rollen zu sehen (u.a. Blutsbrüder, Tanz der Vampire, Jekyll & Hyde, Sunset Blvd., Disneys Die Schöne und das Biest und Spamalot). Nach vielen Jahren in vielen verschiedenen Städten kehrte Ahrends in seine Heimatstadt Datteln zurück, um ein eigenes Theater, das ehemalige Lichtburg-Kino, zu eröffnen. Auf der Suche nach neuen Stücken entdeckte Bernd Julius Arends das Musical Tick, tick, BOOM!, dessen Musik und Geschichte ihn begeisterte, doch leider gab es noch keine deutsche Fassung. Innerhalb von drei Monaten übertrug Arends selbst alle Dialoge und Lieder ins Deutsche und bekam im November 2010 vom Verlag die Aufführungsrechte für die deutschsprachige Version, die am 01.04.2011 im Katielli Theater Premiere feierte.

Rita, wat kostet der Mäusespeck?

Während Bernd Julius Arends selbst die Rolle des homosexuellen Michael übernahm, erfüllte sich mit den Kollegen Alex Melcher und Vera Bolten eine Traumbesetzung für die Rollen Jon und Susan. Rocker Alex Melcher (u.a. Alfred in Tanz der Vampire in Wien, Mark in Rent in Düsseldorf und Galileo in We Will Rock You) ist stimmlich und schauspielerisch wie geschaffen für den Charakter des Jon. Mit Witz und Charme verkörpert er sehr authentisch den talentierten aber erfolglosen Musiker, der nicht erwachsen werden will. Ihm zur Seite steht als Freundin Susan We Will Rock You-Kollegin Vera Bolten, die diesen Sommer als Mimi Rent-Erfahrung bei den Schlossfestspielen Ettlingen sammeln wird. Während sich Susan bei Songs wie ‚Dein Grünes Kleid‘ noch erotisch geben darf, zeigt sie bei ‚Therapie‘ die Krallen, wenn das Liebespaar am Telefon entdeckt, dass ein gemeinsames Gespräch unmöglich und eine Trennung fast unumgänglich scheint. Vera Bolten dreht aber auch in den anderen Rollen voll auf, insbesondere ihre Darstellung als Jons Agentin Doris mit russischem Akzent und Glitzerbrille sorgt immer wieder für Lacher. Bernd Julius Arends vervollständigt das Trio als wohlhabender Schlipsträger Michael, der Jon unbedingt in seiner Firma unterbringen will. Arends harmoniert stimmlich mit Melcher und Bolten in den „Ensemble“-Nummern wie ‚Johnny Fällt Es Schwer‘, ‚Das Leben‘ und ‚Denn Taten Sprechen‘. Auch in den anderen Rollen setzt er Highlights, wenn er z.B. beim Song ‚Zucker‘ als Supermarkt-Kassierer von Jon lautstark Mäusespeck abkassieren will, was Jon peinlicher ist als der Erwerb von Kondomen. Arends überzeugt insbesondere in den Szenen, in denen Michael die Realität seiner tödlichen HIV-Infektion einholt. Neben aller fulminanten und kurzweiligen Komik findet das Stück hier seine ernste und tragische Tiefe, die aus Tick, tick, Boom! ein zweites Rent werden lässt. Musical-Profi Paul Kribbe beweist bei seiner Regiearbeit viel Einfühlungsvermögen und überrascht zudem immer wieder mit netten Einfällen, wenn z.B. zwei Stühle einen Luxuswagen darstellen oder die Band (Jan Wolf am Klavier, Stefan Götzer an der Gitarre, Steffen Haas am Schlagzeug, Mike Hoffmann am Bass, unter der versierten musikalischen Leitung von Ratan Julian Jhaveri) ihre Instrumente zur Seite legt, um eine skurrile Szene in der Werbeagentur zur Vermarktung eines neuen Produktes zu spielen.

Fazit: Mit Tick, tick, BOOM! präsentiert sich ein herrliches Stück Musiktheater mit erfrischendem Humor, gut durchdachten deutschen Texten, nachdenklich stimmendem Tiefgang, guter Rockmusik sowie genialen Darstellern in kleinem Rahmen (man sitzt in der ersten Reihe nur 50 cm entfernt vom Geschehen). Zunächst waren bis 25.04.2011 nur zehn Vorstellungen geplant, denen hoffentlich noch weitere folgen werden. Der Off-Off-Broadway liegt in Deutschland direkt an der B235 kurz hinter Recklinghausen!

© Text & Fotos Schlussapplaus(3) by Stephan Drewianka, Musical-World.de; Bühnenfotos: FOTODESIGN ILONA VOSS; dieser Bericht erschein ebenfalls in der Zeitschrift BLICKPUNKT MUSICAL, Ausgabe Ausgabe 03/11, Mai-Juni 2011

Alles zum Musical Tick, tick, Boom! bei Sound Of Music!