Musical Show Boat
Musical Show Boat
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Technische Daten:

Musical Show Boat Original Besetzung: Joachim Gabriel Maaß, Eva Tamulénas, Thomas Georgi, Anke Sieloff, Richetta Manager, Laurence Albert; Musiktheater im Revier, MIR, Gelsenkirchen
Musical von Jerome Kern & Oscar Hammerstein II.; Inszenierung: Josef Ernst Köpplinger; Aufführungsdauer: 160 min.; Premiere: 06.11.2004; Letzte Vorstellung: 27.03.2005

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Musical Show Boat in Gelsenkirchen

Mit dem Show Boat Leinen los im Musiktheater Gelsenkirchen

Nachdem das Gelsenkirchener Musiktheater im Revier in der vergangenen Saison mit der Eigenproduktion Nullvier – Keiner kommt an Gott vorbei einen erfolgreichen musicalischen Schlenker ins aktuelle Zeitgeschehen machte, setzt man nun die Reihe der klassischen Musicals nach Crazy For You, Kiss Me Kate und Anything Goes fort. Diesmal läuft mit Jerome Kerns Show Boat der Ur-Klassiker des Musicals vom Stapel, denn dieses Stück passte nach seiner New Yorker Premiere am 27. Dezember 1927 mit Themen wie Rassenhass, Alkoholismus und Emanzipation so gar nicht in die gängigen Formen von Operette, Revue oder Nummernprogramm. Und da die jazzige Musik definitiv keine Oper war, enstand mit Show Boat die neue Gattung des Book-Musicals, dem ein dramatisches Werk mit integrierter Musik und den Lauf der Handlung weitertragenden Liedern und Tänzen zugrunde lag.

Handlung Musical Show Boat

Die Romanvorlage von Edna Ferber, die von Oscar Hammerstein II. bühnentechnisch aufbereitet wurde, pendelt zwischen amerikanischer Südstaatenromantik und rührseligen Einzelschicksalen: Kapitän Andy Hawks bereist mit seinem Bühnenschiff „Cotton Blossom“ den „Ol Man River“ Mississippi. Doch in Natchez wird sein erfolgreiches Bühnenpaar Julie La Verne und deren Mann Steve von Sheriff verhaftet, da Julie Negerblut in sich trägt und mit einem Weißen verheiratet ist, was in den Südstaaten als Verbrechen gilt. In seiner Tochter Magnolia findet Kapitän Hawks schnell Ersatz für die Bühne und der gut aussehende Spieler Gaylord Ravenal, den Magnolia gerade kennen gelernt hat und der eine billige Mitfahrgelegenheit sucht, traut sich ebenfalls eine Schauspielkarriere zu. Schnell wird aus der Bühnenliebe wirkliches Glück, das Mutter Parthy Ann nicht akzeptiert. Gaylord und Magnolia heiraten heimlich mit dem Segen des Vaters.

Solange Gaylord Glück im Spiel hat, ist auch für die häusliche Zufriedenheit gesorgt. Als sich die Karten gegen ihn wenden, verlässt der abgebrannte Spieler seine Frau und deren Tochter Kim. Mittellos in Chicago trifft Magnolia ihre alten Schaupielkollegen Ellie und Frank, die Magnolia empfehlen, im renommierten Nachtclub Trocadero vorzusingen. Dort ist Julie La Verne der Star der Show, die aber geschieden und unglücklich über das ihr angetane Unrecht zur Alkoholikerin geworden ist. Als sie Magnolia heimlich beim Vorsingen sieht, kündigt sie sofort selbstlos ihren Job, damit Magnolia eingestellt wird. Jahre später singt Magnolia im Radio und ihre Tochter Kim ist ein gefragter Musical-Star. Magnolia trifft ihren Vater wieder, der Gaylord Ravenal im Schlepptau hat.

Musical nah an Romanvorlage mit einigen Längen

Im klassischen Musical finden Magnolia und Gaylord zum Happy End wieder zusammen. Regisseur Josef Ernst Köpplinger und Dramaturgin Wiebke Hetmanek haben sich für die Gelsenkirchener Bühnenfassung an der originalen Romanvorlage orientiert und gönnen dem Publikum diese inszenierte Wiedersehensfreude nicht und stellen so die Emanzipation Magnolias, die ihr Leben auch ohne ihren Spielergatten meistern kann, noch deutlicher in den Vordergrund. Andere Ideen des Teams sind leider nicht so glücklich ausgefallen, denn bei einer 160 minütigen Spielzeit hätte dem Musical eine straffere Inszenierung gut getan.

Ein Ungleichgewicht entsteht zunächst im ersten Akt, der in über 90 Minuten einen Zeitraum von nur wenigen Wochen beschreibt, während im wesentlich kürzeren zweiten Akt knappe 40 Jahre im Eiltempo am Zuschauer vorüberziehen; da verpasst man schnell, dass die schwangere Magnolia in der nächsten Szene bereits eine fast erwachsene Tochter hat. Andererseits wird im ersten Akt bei der durch unflätige Cowboys abgebrochenen Aufführung eines Schauspiels auf der Bühne des Show Boats Kapitän Andy minutenlang Zeit gegeben, dem virtuellen Schauspielpublikum zu erklären, was es soeben verpasst hat. Natürlich ist Joachim G. Maaß in der Rolle des Kapitäns ein komödiantisches Meisterstück gelungen, als er humorvoll in alle Bühnenrollen schlüpft und mit übersprudelnder Energie und verstellten Stimmen das Stück als Ein-Personen-Entertainer zu Ende bringt. Doch trotz gerechtfertigtem tosenden Beifalls verlängern solche Regieeskapaden den Erzählfluss der Haupthandlung.

Auch die wunderbare Bühnenausstattung von Heidrun Schmelzer, die in Kooperation mit der Straßburger Nationaloper entstanden ist, hat ihre Vor- und Nachteile: ein zweigeschossiger fahrbarer Mississippi-Raddampfer, die einfache Showbühne der Cotton Blossom und die enge Bootsküche, der mit Lichtreklame schillernde Nachtclub Trocadero oder die windschiefe Absteige in Chicago sind ein wahrer Augenschmaus, verursachen jedoch auch längere Umbauphasen hinter einem sich immer wieder schließenden schwarzen Vorhang. Doch diese häufigen Umbauten werden von Kapellmeister Kai Tietje unter der musikalischen Leitung von Cosima Sophia Osthoff mit instrumentalen Zwischenspielen der wie immer klasse klassischen Neuen Philharmonie Westfalen überbrückt. Die zahlreichen Evergreens der Show kommen auf diese Weise natürlich voll zur Geltung, sei es das viel zitierte „Ol Man River“, das verliebte „Make Believe“ oder das traurige „Can´t Help Lovin´ Dat Man“, die allesamt im englischen Original mit eingeblendeten deutschen Übertiteln präsentiert werden.

Beeindruckende und stimmgewaltige Darsteller

Die stimmgewaltige Richetta Manager, die bereits bei „Nullvier“ als Aurora aufhorchen ließ, schafft es als farbige Köchin Queenie auch beim Show Boat mühelos, das Publikum mit „Queenie´s Bally-Hoo“ zum Mitklatschen zu animieren. Auch Inez Timmer als resolute Kapitänsfrau Parthy Ann sieht man gerne wieder, doch leider stehen diese beiden Rollen eher am Rande des Geschehens. Aber auch die Hauptrollen müssen sich gesanglich nicht verstecken: Claudia Braun als Magnolia mit Günther Papendell als Gaylord Ravenal geben genauso wie Anna Agathonos als Julie La Verne und Frank Berg als Steve Baker zwei beeindruckende und harmonische Bühnenpärchen ab. Laurence Albert als Joe singt den Hauptsong des Abends souverän und erreicht doch nicht ganz die Qualität, die man bei dem so häufig interpretierten „Ol Man River“ bereits fest im Ohr hat.

Artistische Tanzeinlagen und stimmungsvolle Kostüme

Richarda Regina Ludigkeit hat als Choreografin bei einem dramatischen Stück, im dem der Tanz ganz anders als in den vergangenen Stepp-Shows Anything Goes oder Crazy For You nur eine untergeordnete Rolle spielt, für die Ensemble-Mitglieder des Balletts Schindowski nicht viel zu tun. Doch wenn einmal Tanzszenen, wie z.B. im Trocadero benötigt werden, dürfen alle Künstler sogar mit artistischen Einlagen auftrumpfen. Abgerundet wird der vorrangig positive Eindruck der neusten Musicalproduktion im MIR durch die stimmungsvollen Kostüme von Marie-Luise Walek, die zwischen Südstaatenprunk und der armseligen Kleidung der Farbigen ein Tom Sawyer-Feeling aufkommen lassen.

Fazit: Das Musical Show Boat im Musiktheater im Revier Gelsenkirchen ist ein gelungener Klassiker mit einigen Längen

© by Stephan Drewianka, Musical-World.de; Photos: FOTO Majer-Finkes mit freundlicher Genehmigung der Pressestelle des Musiktheaters im Revier

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