Musical My Fair Lady
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My Fair Lady - Musical am Staatstheater Kassel

Es grünt so grün – auch im Winter, wenn es schneit

Frederik Loewes Musical-Welthit My Fair Lady scheint mit seinem »grünen Grün« den Begriff Evergreen für den Bereich Musical seit der Premiere am 15. März 1956 in New York gepachtet zu haben. Jeder kennt zumindest einen Song aus dem Stück nach George Bernhard Shaws »Pygmalion« und dem Filmklassiker mit der bezaubernden Audrey Hepburn, der jetzt mit Keira Knightley (Fluch der Karibik-Trilogie) für das Kino neu verfilmt wird. Doch auch im Theater erfreut sich der Wandel des armen Blumenmädchens Eliza Doolittle zur gefeierten Dame von Welt durch den Sprachforscher Professor Henry Higgins einer ungebrochenen Beliebtheit. Am 1. Oktober 2008 feierte das Musical My Fair Lady in der Inszenierung von Christian von Götz am Staatstheater Kassel Premiere und auch der junge Engländer Christopher Ward gibt als musikalischer Leiter seinen Einstand im Opernhaus.

Neuinszenierung des Musicals mit modernen Elementen

Die Neuinszenierung des Musical-Klassikers My Fair Lady soll am Staatstheater nicht einfach eine Wiederaufnahme aus vergangenen Zeiten sein, sondern mit modernen Elementen das Publikum überraschen. Dies wird bereits in der Eröffnungssequenz deutlich, in der Hans Neblung als egozentrischer Henry Higgins selbstverliebt zu seinem Spielgelbild spricht. Spiegel dienen in der gesamten Inszenierung genauso wie überdimensionale Fotografien von Sigrid Brandstetter als Eliza Doolittle als Leitmotiv. So bastelt Higgins bedeutungsschwer an einem Riesen-Puzzle von Eliza herum ohne zu merken, dass er ihr rechtes und linkes Auge vertauscht und dadurch das Gesamtwerk einfach nicht korrekt ist. Der Dandy Freddy verliebt sich in das Gesicht Elizas, das als Hausfassade bei »In der Straße mein Schatz, wo Du lebst« dient, während Higgins vor dem beindruckenden Antlitz im Finale zu den Zeilen »Ich bin gewöhnt an etwas das, unfassbar wie das Licht, gewöhnt an ihr Gesicht« schließlich kapitulieren muss und als einsamer Junggeselle zurückbleibt. Eigentlich kehrt im Musical Eliza am Ende zu Higgins zurück, der Regisseur besann sich in Kassel jedoch auf die Literaturvorlage, in der es kein Hollywood-Happy-End für die Hauptdarsteller gibt.

Darsteller und Bühne

Im Vergleich zu diesen starken, wenn auch etwas symbolträchtig überladenen Szenen, wirken andere Modernisierungsmaßnahmen völlig fehl am Platze. So staffiert Lukas Noll (Bühne und Kostüme) Elizas Vater Alfred (Dieter Hönig in einer Paraderolle) als einen in die Jahre gekommenen Hippie aus, während seine urkomischen Begleiter Harry (Christof Maria Kaiser) und Jamie (Stephan R. Przywara) als Punker-Duo mit rot-grünen Haaren aus einem quadratischen Kasten gestolpert kommen, der nur entfernt an den Eingang einer Disko erinnert. Das Musical spielt aber immer noch 1912 in London, was durch stimmungsvolle Videorückprojektionen auch immer wieder betont wird. So deplatziert und billig der Diskowürfel auf der Bühne wirkt, so beindruckender ist Higgins Bibliothek oder die dampfenden Heuhaufen mit der britischen Flagge beim Pferderennen in Ascot.

Einige lokale Elemente aber Berliner Dialekt

Ein Novum ist auch die Ballszene, in der Eliza ihren finalen Test als Dame von Welt bestehen muss, denn diese Szene wurde bisher in Kassel nie gezeigt. Mit Szenenapplaus empfängt das Publikum auf dem roten Teppich neben den Darstellern der Fernsehsoap »Gaywatch« auch die lokale Zisselprinzessin, die in Begleitung eines Kasseler Huskie-Eishockeyspielers gekommen ist. Doch dies sind schon alle Eingeständnisse an die Spielstätte in Hessen: Zwar spricht man in Kassel auch verschiedene Dialekte, doch Eliza hält sich strikt an das vulgäre Berlinerisch aus der ersten deutschen Fassung von Robert Gilbert. Bedenkt man die Probleme, die ein hessischer Dialekt auch für Elizas Gesangsstücke mit sich gebracht hätte, ist diese Entscheidung zwar leicht nachvollziehbar, trotzdem verschenkt man sich damit die Chance auf eine lokale Version des Musicals My Fair Lady.

Weitere Darsteller im Musical My Fair Lady in Kassel

Sigrid Brandstetter beherrscht als Österreicherin die Berliner Schnauze wie eine Eingeborene und ihr intensives Spiel lässt ihrem Partner Hans Neblung als Higgins kaum Luft, um sich neben ihr zu behaupten. Ähnlich ergeht es Jànos Ocsovai als ihr Verehrer Freddy, der als Abziehbild des verarmten Adels schnell in einer grauen Kiste verschwindet. Carlo Ghirardelli hingegen mimt als wahrer Gentleman einen überzeugenden Oberst Pickering, der in Eliza die Frau und nicht das Experiment sieht. Joke Kramer in der Doppelrolle der Angestellten Mrs. Pearce und Henrys Mutter setzt genauso wie Dieter Hönig als Elizas Vater komödiantische Highlights – beide sind nach Sigrid Brandstetter die heimlichen Stars des Abends.

My Fair Lady im Staatstheater ist gute Musical-Unterhaltung

Das Musical My Fair Lady am Staatstheater Kassel weiß 180 Minuten lang dank der Darsteller und der unvergänglichen Songs, die selbst nach 52 Jahren immer noch so grün wie am ersten Tag klingen, gut zu unterhalten auch wenn nicht alle Einfälle der Inszenierung gelungen sein mögen. Und da dieses Stück unter der Rubrik Operette in Kassel auf dem Spielplan steht, darf man sich schon am 24. Januar 2009 über das Musical Hair freuen.

© Text & Fotos (5, Schlussapplaus) by Stephan Drewianka, Musical-World.de; Bühnenfotos (6) mit freundlicher Genehmigung des Staatstheaters Kassel

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