Musical 42nd Street
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42nd Street - Musical in Stuttgart

Ausnahmezustand im Apollo Theater: Steppen auf der 42nd Street bis zur Erschöpfung

Knapp 50 Tage vor der Europapremiere des Musicals 42ND STREET sind alle Künstler und die Kreativen in Stuttgart angekommen – der Probenmarathon am Apollo Theater hat begonnen – seit rund einer Woche vibriert und zittert das Theater unter den knapp 100 steppenden Füßen seiner Darsteller – Probenstart mit viel Schweiß und einer Menge Blasen, aber auch Spaß pur.
Stuttgart, 30. September 2003 – Knapp 50 Tage vor der Europapremiere des Musicals 42ND STREET, am 21. November 2003, herrscht am Apollo Theater Ausnahmezustand. Seit über einer Woche vibriert das gesamte Theater unter den knapp 100 steppenden Füßen des Musical-Ensembles – die Proben haben unüberhörbar begonnen. Für das 48köpfige Ensemble ist das vor allem auch eine konditionelle Herausforderung: „Ich wusste gar nicht, dass man so viele Blasen an den Füßen haben kann“, erzählt Tänzer Benjamin Rufin. „Wenn das so weitergeht, bin ich in zwei Wochen zehn Zentimeter kleiner.“ Neben viel Schweiß und blutigen Füßen hat das Ensemble aber auch eine Menge Spaß. Randy Skinner, Original-Choreograf von 42ND STREET ist begeistert: „Es macht großen Spaß mit den Tänzerinnen und Tänzern zu arbeiten. Es sind viele junge Leute dabei, die vor Energie geradezu sprühen. Noch dazu ist es das internationalste Ensemble mit dem ich je zusammen gearbeitet habe“, erklärt  Randy. „Wir haben 15 verschiedene Länder vertreten und jeder Darsteller bringt sein eigenes Temperament mit.“
Parallel zu den lautstarken Ensemble-Proben haben die 12 Solisten mit den so genannten Readings – Proben mit Textbuch – begonnen. Eddy Habbema, Regisseur für 42ND STREET Stuttgart, stimmt seine Cast dabei auf die Energie der mitreißenden Broadway-Show ein: „Es ist wichtig, dass die Künstlerinnen und Künstler verstehen, was hinter der Geschichte steckt“, erläutert Eddy: „42ND STREET ist eine temporeiche Tanzshow mit einer großen Portion Comedy. Dabei ist zweierlei von großer Bedeutung“, so der renommierte Theater- und Musical-Regisseur weiter: „Zum einen muss der Humor auf das deutsche Publikum zugeschnitten werden. Zum anderen ist es auch wichtig, dass die Solisten Akzente richtig setzen und die Pointen sauber herausarbeiten.“  Deshalb wurde vor allem bei der Auswahl der Solisten und Hauptdarsteller auf eine deutschsprachige Herkunft oder Sprachsicherheit größten Wert gelegt.
Während am Theater bereits fleißig an der Show gefeilt wird, sind die Übersetzer Ruth Deny (Dialoge) und Wolfgang Adenberg (Liedtexte) mit dem Feinschliff des Textbuches beschäftigt: „Zuerst dachte ich: Herrlich! Da kann ich ja so richtig im 30er Jahre Jargon schwelgen“, beschreibt Ruth Deny ihre Arbeit. „Allerdings fand ich schnell heraus, dass 42ND STREET nicht nur thematisch wieder brandaktuell ist, sondern auch die Sprache modern und klar sein muss. Etwas anderes würde die Dynamik des Stückes gar nicht zulassen. Also haben wir einen Weg gefunden der ganzen Sprache im Stück eine atmosphärische Authentizität, zwischen Klassiker und moderner Thematik, zu geben.“
Das Stepp-Fieber wird am Apollo Theater auch noch in den nächsten Wochen grassieren und sich weiter ausbreiten. Wer es nicht in den Beinen hat, hat es unweigerlich im Kopf, denn bis zur Premiere im November wird der mitreißende Rhythmus die Mitarbeiter des Theaters tagtäglich begleiten.

Proben

Nach einem einwöchigen schweißtreibenden Stepp-Workshop für das Ensemble haben jetzt auch die Proben für die Solisten begonnen. Die Abteilungen im  Apollo Theater bekamen dazu wertvolle Unterstützung von den Kreativen, die dafür aus der ganzen Welt angereist sind. Wichtigster Mann ist dabei Regisseur Eddy Habbema, der schon für zahlreiche Stageholding-Musical-Produktionen, wie ELISABETH in Essen oder TITANIC in Hamburg, verantwortlich war. An ihm liegt es, Solisten und Ensemble so zusammen zu führen, dass auf der Bühne eine perfekte Inszenierung zu sehen sein wird. Aus den USA reiste Choreograf Randy Skinner an, der zusammen mit seinen Assistenten Kelli Barclay und Rick Conant die Aufgabe übernimmt, 48 steppende Beinpaare zu koordinieren und für Synchronität zu sorgen. Er ist begeistert von der „bunten“ Truppe: „Noch nie habe ich mit einer so internationalen Cast gearbeitet. Es ist toll, Künstler aus 15 Ländern in einem Ensemble zu haben. Das gab es noch nicht einmal am Broadway!“ Kostümdesigner Roger Kirk (USA)  betreut die Anproben der Kostüme, die er eigens für die Stuttgarter Produktion von 42ND STREET entworfen hat. Die Maskenabteilung hat Verstärkung von David H. Lawrence, von ihm stammt das Hair-Design für die über 200 Perücken und die zugehörigen Frisuren der 30er-Jahre.  Ruth Deny und Wolfgang Adenberg haben indessen die Übersetzungsarbeiten abgeschlossen und sind nun am Feinschliff.

Maske

Nachdem die ersten Großbestellungen für Lockenwickler, Schmink-Utensillien und Puderquasten angeliefert wurden, geht es nun an die Anprobe der über 200 Perücken, die in Indonesien geknüpft wurden. Hair-Designer David Lawrence legt für jeden einzelnen Darsteller die Frisur fest und passt sie typindividuell an. Die Darsteller und Darstellerinnen bekommen jeweils Perücken in ihrer eigenen Haarfarbe. Hair-Supervisor Mark Rampmeier aus New York hat damit begonnen, die Maskenabteilung in der Pflege der Kunsthaar-Perücken zu schulen. Die Perücken werden wie normale Haare gewaschen und im 30er-Jahre-Stil eingedreht. Anstelle des Fönens und Trocknens müssen die Perücken mit einem speziellen Heißwasserdampf-Gerät (Steamer) bearbeitet werden. Als Vorlagen für die Frisuren liegen zahlreiche Fotos von Hollywood-Stars wie Marlene Dietrich, Marika Rökk oder Greta Garbo vor.

Stage Management

In der heißen Probenphase laufen in der Abteilung Stage-Management die Fäden zusammen. Die Kreativen sind im Haus und es gilt die verschiedenen Wünsche für die Proben unter einen Hut zu bringen. Bis zu vier Proben finden zeitgleich statt: Tanzprobe für das Ensemble, Phonetik- und Schauspielunterricht für die Solisten und Gesangsproben. Dabei sollen die Probenpläne so organisiert sein, dass möglichst alle Künstler eingebunden sind, die Abläufe möglichst effektiv sind und die Leute nicht überbeansprucht werden. Schließlich wird sechs Tage pro Woche von 11 bis 19 Uhr gesungen, getanzt und gesteppt.
Außerdem plant das Stage-Management die technischen Proben: Ab 13. Oktober sollen auf der Originalbühne technische Durchläufe stattfinden. Das heißt, die Musical-Show wird komplett durchgespielt, jedoch ohne Künstler. Rund 50 Szenenwechsel gibt es bei 42ND STREET, für deren exakten Ablauf rund 500 Cues (Befehle) des Callers notwendig sind. Cues sind alle Befehle, die für Veränderungen auf der Bühne sorgen: Lichtwechsel, Requisitenwechsel von den Seitenbühnen oder von oben.  Diese Befehle werden zur Zeit in ein Blanko-Call-Buch eingetragen: Ein Notenbuch (Klavierauszug) der Show, das bis kurz vor der Premiere ständig überarbeitet und ergänzt wird, bis am Ende das komplette Drehbuch fertig ist.

Umbau des Apollo Theaters

Desiré Mieritz, Technischer Leiter des  Apollo Theaters in Stuttgart, und Markus Feldmeier vom Architektenbüro Schwarz betreuen den Umbau des gesamten Theaters. Im Hinterhaus gilt es zum Beispiel die Sammelgarderoben zu vergrößern. Künftig müssen darin 65 statt 48 Künstler geschminkt und angekleidet werden. Währenddessen sind auf der Bühne schon die ersten Requisitenteile eingebaut worden. Auch der Zuschauerraum wird renoviert: Neue Teppichböden und Sitze sollen das Theater bis zur Premiere in perfektem Glanz erstrahlen lassen. Das Foyer und Vorderhaus wird komplett umgebaut und umgestaltet:   Das mystische Flair der vampirischen Säulen und Spinnweben weicht einem klassisch eleganten Theater-Ambiente.

© by Stephan Drewianka, Musical-World.de; Pressetext und Fotos: © StageHolding

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Come and meet those dancing feet .... auf der 42nd Street: Der Broadway liegt am Neckar

Ein Vampir wird zum Musicalproduzent, eine Salsa-Queen zur Stepp-Göttin

Wo Graf Krolock und Konsorten bis Ende August in ihrer unstillbaren Gier Blut schlürften, bauen fleißige Hände mit Hochdruck an einem neuen Prachtboulevard. Bis auf der 42. Strasse in Stuttgart die letzte Asphaltschicht aufgetragen ist, dauert es zwar noch ein Weilchen, doch spätestens am 21. November soll der Verkehr hier rollen. Der Broadway liegt dann (auch) in Schwaben. Im hiesigen Apollo-Theater feiert an diesem Tag der Musical-Hit „42nd Street“ seine deutschsprachige Erstaufführung. Dann brennen hier die Absätze und glühen die Schuhspitzen. Let’s Stepp - und das bis zum Abwinken.
Mit dem Stück präsentiert die Stage Holding nach Les Misérables und Aida die dritte große Musical-Premiere für dieses Jahr. Und der Einstand der Blutsauger, die ja in Hamburg ihren zweiten Frühling erleben, steht ja am 7. Dezember auch noch aus. Ob die Inszenierung in der Neckar-Stadt halten kann, was die PR-Leute der niederländischen Theatre Company versprechen, bleibt abzuwarten. Umdenken und -hören müssen die Besucher auf jeden Fall. Nach dem rocklastigen Symphonic-Bombast eines Jim Steinman tönt es hier jetzt ein klein wenig weichgespülter aus dem Orchestergraben - eben typisch Broadway-like. Ob die auf den Geschmack des US-Publikums zugeschnittene Partitur auch den doch etwas anders ausgerichteten Hörgewohnheiten des europäischen und insbesondere deutschen Publikums gerecht wird?
In ihrem Ursprungsland jedenfalls geriet die Show zum Abräumer. An der berühmtesten Theatermeile der Welt in New York wurde das Musical 42nd Street in den 80er Jahren mit 3 486 Vorstellungen zu einem der wenigen großen, amerikanischer Feder entstammenden Bühnen-Erfolge der Dekade. Nicht von ungefähr gab es denn auch bereits in der Saison 2000/2001 ein viel beachtetes Revival. Dem Werk zu Grunde liegt das gleichnamige Film-Musical aus dem Jahre 1933. Entsprechend altmodisch, dies aber auf eine wunderbare Art, wirkt auch die Musik von Harry Warren. Es sind nichts destotrotz großartige, zeitlose Melodien, die mit weiteren Ohrwürmern aus anderen Film-Musicals des Komponisten angereichert wurden. „Sunnyside to every situation“, „We’re in the money“, „Young and healthy“ , „Lullaby of Broadway“ , die Showbusiness-Hymne par excellence, oder der packende Titelsong sind exemplarisch dafür.

Ein Musical über den amerikanischen Traum

42nd Street ist der zum Musical gewordene amerikanische Traum schlechthin, eine, wenn auch klischeebefrachtete Aschenputtel-Story von einem talentierten, bildhübschen, aber etwas schusseligen und der Provinz entstammenden Tanzgirl aus der zweiten Reihe, das zum gefeierten Star der Show wird. Der Broadway-Produzent Julian Marsh fürchtet um seine neue Inszenierung namens „Pretty Lady“ , als die Tänzerin Peggy Sawyer bei den Proben mit dem alternden Star Dorothy Brock kollidiert. Die Diva fällt ob einer schwerwiegenden Knöchelverletzung aus. Peggy erhält die rote Karte, aber auf Intervention des Ensembles eine weitere Chance - diesmal als Hauptdarstellerin. Das schüchterne Mädel entpuppt sich als Rakete.

Pro Show stehen 48 Künstler auf der Bühne

42nd Street ist in Punkto Ausstattung, Größe und Besetzung die aufwändigste Musical-Produktion Joop van den Endes. Sie soll „in vielen Bereichen neue Maßstäbe setzen“. Angekündigt wird das Projekt als größtes Musical Deutschlands. Zum personellen Fundus gehören 65 Künstler; 48 davon werden pro Show auf der Bühne stehen: zwölf Solisten, zwölf Tänzer und 24 Tänzerinnen. Das Orchester besteht aus 22 Musikern, von denen die meisten noch aus Krolock-Zeiten übrig geblieben sind. Regie führt in Stuttgart Eddy Habbema, der bereits für die Musicals Elisabeth in Essen und Titanic in Hamburg verantwortlich zeichnete. Die deutsche Übersetzung stammt von Ruth Deny (Dialoge) und Wolfgang Adenberg (Liedtexte).

65 Künstler aus 15 Nationen und zwei Ex-Vampire

Dem Ensemble gehören Künstler aus 15 verschiedenen Nationen an. In der Rolle des Julian Marsh werden gleich zwei ehemalige Vampir-Häuptlinge zu sehen sein: Krolock i.R. Kevin Tarte und alternierend Martin Berger. Die Österreicherin Karin Seyfried, die zuletzt bei Miami Nights in Düsseldorf als Salsa-Queen Hof hielt, stellt sich als „Peggy Sawyer“ neuen Herausforderungen. Isabel Dörfler verbiegt sich als „Dorothy Brock“ den Huf, Ex-Titanic-Funker Jens Janke hat als Peggys Tanzpartner „Billy Lawlor“ im Apollo-Theater ebenfalls so etwas wie Heimvorteil. Er schusselte sich hier vor seinem Hamburg-Engagement als Vampirjagd-Professor Ambronsius durch Transsylvanien.

Randy Skinner, der bereits die Revival-Produktion am Broadway choreografiert hatte, reiste mit Assistenten eigens aus den USA nach Stuttgart, um seinen Schützlingen das große Stepp-Einmaleins beizubiegen. Parallel zu den Proben sind Handwerker und Bautrupps dabei, den Musical-Palast umfassend umzubauen, damit er pünktlich zur Premiere im neuen Glanz erstrahlt. Unter anderem werden Foyer und Vorderhaus komplett umgestaltet. Ein klassisch-elegantes Theater-Ambiente soll das mystische Flair vampirischer Säulen und Spinnweben ersetzen.

Vier Previews von 42nd Street in Stuttgart

Bevor am 21. 11. im Stuttgarter Apollo-Theater die Stepp-Orgie so richtig los geht und der (Publikums- )Verkehr über die 42. Straße rollt, gibt es insgesamt vier Preview-Vorstellungen: am 5., 6., 16. und 19. November. Das Besondere daran: Diese Vorab-Vorstellungen wurden jeweils einem Sponsor zugesprochen. Und ausschließlich über diesen sind auch die Tickets zu beziehen. Jeweils vor der Show und in den Pausen servieren die Gastgeber den Besucher kostenlos Getränke. Prost!

© by Jürgen Heimann


Glitter, Flitter und Glamour: Musical 42nd Street bietet perfekte Unterhaltung

So wunderbar, hin- und mitreißend kann Musical sein

So schmerzlich der Abgang der Vampire in Stuttgart für viele auch gewesen sein mag, mit „42nd Street“ hat die Stage Holding im hiesigen, mit Millionenaufwand umgebauten Apollo-Theater ein wirklich adäquates Nachfolgestück platziert. Es ist eine Produktion, die ob ihrer Perfektion und hinsichtlich ihres Unterhaltungswertes keine Wünsche offen lässt und mit der Power eines Schnellzuges durch den Abend (oder den Nachmittag) rast. Gut, wer ein Haar in der Suppe sucht, findet auch eins. Dennoch:  Die Miesmacher und Nörgler waren schon nach den ersten Previews merklich kleinlauter geworden und sind nach der glanzvollen Premiere am 21. November hoffnungslos in Erklärungsnöte geraten. Die Show kommt beim Publikum an, sie schlägt ein. Sie zeigt eindrucksvoll und auf bestechende Art, wie kreativ, mitreißend und wunderbar Musical sein kann, das ja zunächst einmal nichts weiter als gut unterhalten will. Auf der frisch asphaltierten 42. Straße werden die Passanten dahingehend optimal bedient.

Dass die atmosphärische Dichte des Vorgängerstücks nicht auch nur annähernd erreicht wird, mag ja stimmen. Die Stärken des neuen, broadway-typischen Glamour-Spektakels zeigen sich auf anderen Eben. Es ist von der Konzeption her zunächst einmal auf den Geschmack des amerikanischen Publikums zugeschnitten. Da gibt es viel Glitter, Flitter und Showbizz-Firlefanz. Die Story spielt in den 30-er Jahren vor und hinter den Kulissen eines Theaters auf der New Yorks Scheinwelt-Meile, dem Broadway eben. Und aus dieser Dekade stammt auch die Musik. Der Ort der Handlung und das Sujet sind weit weg von der Erlebenswelt und dem Alltag des deutschen Normalverbrauchers, der sich wohl kaum mit irgendeiner der handelnden Personen identifizieren kann. Und trotzdem funktioniert es.

Die Plieninger Straße erreichte die Stepp-Orgie über den Umweg Holland, wo eine niederländische Fassung von „42nd Street“ in der Saison 200/2001 mit großem Erfolg lief. Aber vor allem in New York  hatte das Revival dieses daselbst 1980 uraufgeführten und auf dem gleichnamigen Film von 1933 basierende Stück sensationell eingeschlagen. Die Stage Holding schwelgt in Verbindung mit "42nd Street" in Superlativen. Von ihrer bislang aufwändigsten  Produktion und "dem größten Musical Deutschlands" ist nicht gerade unbescheiden die Rede. Offensichtlich wird aber an allen Ecken und Enden, dass das viele Geld, das diese Inszenierung verschlungen hat, wirklich effektiv investiert ist.

Eine neue Variation des „American Dream“

Es ist ein Backstage-Musical um die Produktion eines Broadwaystücks mit dem Titel "Pretty Lady". Der Tellerwäscher, der es zum Millionär bringt, begegnet uns hier in Gestalt eines einfachen Mädels vom Lande, das zum gefeierten Bühnenstern avanciert. Der „amerikanische Traum“ lebt. Die naive, aber talentierte Provinzschönheit Peggy Sawyer (Karin Seyfried) aus einem verschlafenen Provinzkaff namens Allentown verletzt bei den Proben aus Unachtsamkeit den alternden Zicken-Star der Show, Dorothy Brock (Isabel Dörfler), wird darauf hin von Produzent Julian Marsh (Kevin Tarte) gefeuert, dann aber auf Anraten des Ensembles wieder eingestellt. Sie rettet durch ihren grandiosen Auftritt die Premiere. A Star ist born!  Nebenbei findet Peggy mit Billy Lawlor (Jens Janke) auch noch ihr kleines, privates Glück - natürlich. Und das war's denn auch schon.

Dünne Geschichte atemberaubend erzählt

Wie man um dieses doch recht spärliche Storygerippe herum einen wirklich mit- und hinreißenden Theaterabend stricken kann, exerzieren die Macher von  "42nd Street" vorbildlich. Regie führt in Stuttgart übrigens Eddy Habbema (Elisabeth, Titanic). Die deutsche Übersetzung der Liedtexte besorgte Wolfgang Adenberg, die der Dialoge Ruth Deny. Anfängliche Bedenken, in Europa nicht genügend talentierte Stepptänzer auftreiben zu können, hatten sich schon im Vorfeld der niederländischen Produktion zerstreut. Und hier ist es nicht anders. Den letzten Schliff besorgte dann Randy Skinner, der bereits das Revival am Broadway choreografiert hatte.

Viel Stepp mit Pepp

Die mit einem gehörigen Schuss Comedy angereicherte Show lebt von ihren prachtvollen, opulenten Bildern und vor allem ihren fabelhaften, mitunter schwindelerregenden Tanznummern. Viel Stepp mit Pepp. Die lockere Leichtigkeit  täuscht den Außenstehenden über das enorme Maß an Koordinationsfähigkeit, Rhythmusgefühl, Körperbeherrschung und schweißtreibende Disziplin, die dafür erforderlich sind. Es ist beeindruckend, mit welcher Energie und Hingabe das gesamte multinationale Ensemble agiert. Es ist zahlenmäßig das größte, das sich bislang auf einer deutschen Musicalbühne ausgetobt hat.

Abschalten, träumen und einfach genießen

Ein Fest fürs Auge sind bei "42nd Street" nicht nur die prächtigen, einfach schön anzusehenden, in allen Farben des Regenbogens leuchtenden  und glitzernden Kostüme (über 800) und das stimmungsvolle Lichtdesign. Auch das fantasievolle, aber nie überladen wirkende Bühnenbild verfehlt seine Wirkung nicht und schindet Eindruck. Vor allem dann, wenn zum Finale hin die riesige, zehn Meter breite Showtreppe eingefahren wird und im Glanze tausender Glühbirnen leuchtet. Die Zeit vergeht wie im Flug, es gibt keine Hänger, der Besucher taucht in eine andere, gleißend illuminierte Welt ein und vergißt die da draußen völlig. Ganz nebenbei ist das Stück total witzig. Es gibt viel zu Lachen.

Die Musik ist schwungvoll und schmissig

Die Musik ist zunächst einmal einfach und auf herrliche, wunderbare Art und Weise „altmodisch“. Sie klingt so, wie man sich eben den typischen Broadway-Sound der 30-er Jahre vorstellt. Auf dem CD -Player plätschert sie trotz einiger veritabler Ohrwürmer nur so vorbei, aber im Kontext mit der Show wird es dann richtig aufregend und spannend. Da swingt, vibriert und fetzt es. Da ist dieses unsterbliche "Lullaby of Broadway“, die Showbizz-Hymne schlechthin, die in der deutschen Übersetzung als "Melodie des Broadway“ daherkommt. Da sind schwungvolle und schmisse Stücke wie der dynamische Titelsong selbst, "Jetzt rollt der Rubel" ("We're in the money“), "Ich bin bei Kräften" ("Young and healthy“), "Wenn wir Flittern gehen" ("Shuffle off to Buffalo") oder "Jede schlechte Seite hat auch eine gute" "Sunny side to every situation". Olle Kamellen zwar, die aber in dieser Dosierung ungemein frisch und treibend klingen. Umgesetzt wird die aus der Feder Harry Warrens stammende und vor über 70 Jahren entstandene Partitur in Stuttgart  mit einer Menge Drive von einem blendend eingestimmten Orchester unter der Leitung von  Adrian Werum. Es lässt völlig vergessen, dass die Songs schon ein paar Jahrzehnte auf dem Buckel haben.

Karin Seyfried: Diese Frau ist wirklich eine „Pretty Lady“

Kevin Tarte macht als gestrenger und zu Erfolg verdammter Produzent Julian Marsh (harte Schale, weicher Kern) eine starke und souveräne Figur. Im Vergleich zu seiner Krolock-Vergangenheit ist er nahezu ständig auf der Bühne präsent, darf aber andererseits nur zwei Songs intonieren, was er dann aber mit Inbrunst und Power tut. Der Rest ist Dialog. Für die Rolle der Peggy Sawyer hätte man niemand besseres finden können als Karin Seyfried. Die "Dancing-Queen" aus Österreich, die zuletzt  in Düsseldorf als Salsa-Girl in "Miami Nights" Kritiker wie Publikum gleichermaßen für sich einnahm, blüht hier noch mehr auf und kann Dank ihres ungekünstelten Enthusiasmus noch nachhaltiger als bislang mit ihren Stärken wuchern. Diese Frau  ist wirklich eine "Pretty Lady".

Jens Janke als Peggys Tanzpartner Billy Lawlor entpuppt sich als temperamentvoller, strahlender Stepp-Derwisch und offenbart als solcher ganz neue Seiten seines Talents. Er fährt, zu Recht, mit den meisten Applaus ein. Isabel Dörfler, die als mit Launen und Allüren behaftete Diva Dorothy Brock nicht gerade einen Sympathieträger verkörpert, ist ob ihrer warmen, modulationsfähigen Stimme und ihres Spielwitzes, der sich oft auch in den ganz kleinen Gesten zeigt, eine weiterer tragender Pfeiler. Sie wird vom Publikum dafür geliebt. Die Charaktere bleiben zwar blass und sind nicht sonderlich entwickelt, aber das stört nicht weiter.

Klasse und Masse

„42nd Street“ bietet Klasse, Masse und ist spritziges Entertainment auf höchstem Niveau. Das gilt nicht unbedingt für den Inhalt, aber für die Qualität der Präsentation allemal. Die ist wirklich vom Feinsten. Die Besucher, die aus dem Theater kommen, sind überzeugt und ausnahmslos begeistert – vielleicht von einigen, aber wirklich nur ganz wenigen Ausnahmen einmal abgesehen. Das einzige Problem mag darin bestehen, die Leute erst einmal dort hin zu locken. Die Gefahr, dass sie enttäuscht werden, besteht eher nicht. Der Titel allein verheißt eigentlich nicht sonderlich viel und dürfte deshalb nicht die Anziehungskraft entfalten wie weiland die Vampire. Deren Heimat liegt schließlich in Europa, in den Karpaten, Peggy Sawyer hingegen hupft(e)  weit, weit weg, jenseits des großen Teichs. Auch dürfte der vampirische Polanski-Film den meisten eher noch im Gedächtnis haften, als jener 1970 erstmals in Deutschland ausgestrahlte 42. Straße-Streifen mit Warner Baxter, Bebe Daniels und Ruby Keeler in den Hauptrollen. Aber mit diesem Handicap müssen sich die PR-Strategen der Stage Holding herumschlagen. Am Produkt, das sie anpreisen, gibt es jedenfalls nichts zu mäkeln. Mögen die Besucher hier, anders als beispielsweise bei Abbas  „Mamma Mia“, das ja nun neben Hamburg auch ein schwäbisches Standbein bekommt, die Katze zunächst auch im Sack kaufen, sie entpuppt sich als rassige Mieze.

© by Jürgen Heimann (Fotos: Stage Holding)

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