Mission Musical
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Mission: Musical im Ebertbad Oberhausen

Ein Netz für Musical-Amateure

Sie können ein Publikum mit nur einem Blick verzaubern wie Norma Desmond oder lassen wie Joseph Musical-Träume wahr werden? Sie schnurren wie Grizabella oder empfinden gar die unstillbare Gier eines Grafen Krolock nach Applaus? Aber Sie scheuen sich davor, von Musikexperten wie Dieter Bohlen öffentlich niedergemacht zu werden und möchten auch nicht auf ein zweites TV-Casting für Jane oder Rusty warten? Dann hilft Ihnen bestimmt ein Blick auf die Homepage des Musical-Netzwerks weiter. Bei dem Ende März 2008 gegründeten Förderverein für Musicalprojekte e.V. haben sich mehrere Amateurgruppen aus dem Ruhrgebiet zusammengeschlossen, um sich gegenseitig zu unterstützen und sich einem breiten Publikum vorzustellen. Neben einer jährlichen Live-Präsentation, die Lust auf die neuen Amateurproduktionen machen soll, will das Musical-Netzwerk eine erste Anlaufstelle für Musicalbegeisterte sein, die selber einmal auf der Bühne stehen oder sich auch hinter den Kulissen engagieren wollen. Online kann man sich informieren, welche Gruppen es in der Umgebung gibt und wer für welche Aufführung gesucht wird. Auch wenn Sie eine Idee für ein neues Stück haben oder Ihre Stärken in der Komposition neuer Songs liegen, könnte der erste Schritt zum Erfolg beim Musical-Netzwerk liegen. Gründer Dennis Schmidl kennt die Probleme, die sich kreativen Menschen bei der Realisierung ihrer Wünsche in den Weg stellen. Oft scheitert ein Projekt am finanziellen Rahmen, den Kostümen, Kulissen, Masken, Requisiten, aber insbesondere auch an der Werbung und der aufwändigen Licht- und Tontechnik, die selbst von der kleinsten Produktion vorausgesetzt wird. Das nächste Ziel des Musical-Netzwerkes soll es deshalb sein, weitere Sponsoren zu finden, damit die nötige Technik angeschafft werden kann, die sich jede Gruppe dann günstig ausleihen kann.

Bereits zum zweiten Mal trafen sich die singenden und tanzenden Fans am 3. Mai im Ebertbad in Oberhausen, um ihre aktuellen Projekte unter dem Motto »Mission: Musical – Die fabelhafte Welt der Amateure« als Messe mit anschließendem Live-Programm auf der Bühne zu präsentieren. Den Anfang machte der vielleicht größte Musical-Verein in NRW: »Pro-You« stellte als Medley das neue Musical Verliebt, Verlobt, Verlassen vor. Aus der Feder von Benjamin Hübbertz-Ivartnik schlägt das zweite Musical nach der dramatisch-mystischen Love-Story Flügel – Von Hoffnung getragen wesentlich fröhlichere Töne an: nach einer geplatzten Hochzeit flüchtet die deprimierte Ex-Braut auf Anraten der »besten Freundin« Marc auf eine turbulente Schiffskreuzfahrt. Die Musicalkomödie setzt neben schmissigen Popsongs vor allem auf witzige Situationskomik, so dass hier neben dem Gesang auch das Schauspiel aller Darsteller nicht zu kurz kommt. Die in Oberhausen gezeigten Schnipsel erinnern an eine Mischung aus Mamma Mia! und Ich war noch niemals in New York, obwohl das Stück bereits lange vor der Premiere des Udo Jürgens-Musicals konzipiert und entwickelt wurde. Das Team von »Pro-You« verspricht eine wesentlich aufwändigere Produktion als noch zu Flügel-Zeiten. Bis zu 70 Personen stehen gleichzeitig auf der Bühne und das sperrige Bühnenbild mit den vielen kunterbunten Kostümen machte es notwendig, die Premiere in die größere Rheinhausen-Halle in Duisburg zu verlegen, wo sich am 30. Oktober 2009 erstmalig der Premierenvorhang öffnen soll. Bis dahin wird die Show nach Durchlaufproben vor Familie und Bekannten weiterhin optimiert werden. Wer gute Plätze auf dem Ozeanriesen für die zunächst drei geplanten Spieltage ergattern will, muss sich sputen, denn der Vorverkauf der günstigen Tickets läuft bereits auf Hochtouren! Doch »Pro-You« plant schon die Premiere des nächsten Stückes, welches wieder einen Fantasy-Stoff musikalisch verpacken wird. Doch dafür müssen sich die zahlreichen Fans noch bis 2013-2015 gedulden.

Nach der letzten Vorstellung von »Ja, ich will (vielleicht) – jetzt erst recht!« im April 2009, aus der in Oberhausen nochmals einige Highlights gezeigt wurden, bereitet die kleine Truppe Emotions um Dennis Treiblmair die nächste Gala mit dem Titel Es war einmal – eine Musicalzeitreise vor, die im Lito -Palast in Oberhausen Sterkrade am 7. und 8. November 2009 und im April 2010 zu sehen sein wird. Ähnlich locker wie bei der letzten Gala werden bekannte Musicalhits chronologisch aus Vor-Christlicher Zeit (mit Joseph & Co) bis in die ferne Zukunft (We Will Rock You) nachgesungen. Zusammen mit Komiker- und Gesangstalent Markus Psotta wird aus einer vermeidlich spröden Gala sicherlich wieder ein kurzweiliger Abend mit hohem Unterhaltungswert, der die 530 Plätze im Lito-Palast für die drei geplanten Vorstellungen füllen wird. Mehr vom Emotions-Team gibt es bei den Back On Stage-Konzerten sowie den Emotions Gala-Dinnern, die neben dem künstlerischen Genuss auch noch ein 5 Gänge-Menü servieren. Zudem ist ein selbst komponierter witziger Musical-Thriller in Planung, der von Komponist Alexander Holz geschrieben werden soll. Holz begann 2003 ein Studium für klassische Komposition und schrieb bereits das Opernmusical »Der Brief des Lebens«, das klassische Musik mit einem Schuss Pop und Rock inklusive E-Gitarre und Schlagzeug mit einem großen Orchester präsentiert. Im Ebertbad konnten erstmalig einige Musikbeispiele aus diesem Stück mit der Unterstützung des »Freien Orchesters Oberhausen« unter Dirigent Rolf Donner aufgeführt werden. Thema des Stückes ist die Wahl zwischen Menschlichkeit und Freundschaft oder dem Streben nach Reichtum und Karriere vor die die beiden Brüder Belenus und Damian gestellt werden. Obwohl das Musical für drei Sänger und zwei Schauspieler bereits vor zwei Jahren fertig gestellt wurde, hat Alexander Holz bisher leider noch keinen Aufführungsort für dieses interessante Projekt gefunden. Am Theater Hagen könnte es demnächst zwar zu einer Premiere kommen, jedoch müssten dafür einige Stücke umgearbeitet werden, da es im Orchester keinen Platz für die Rockelemente gibt.

Vom »Freien Orchester Oberhausen« profitierte ebenfalls das Musical Jinai aus der Feder von Marco Chimienti. In Oberhausen erlebten zwei bekannte Songs aus dem Musicaldrama einer Missionarin in China zur Zeit des Chinesisch-Japanischen Krieges ihre beindruckenden Premieren mit voller Orchesterbegleitung. 2007 stand das Stück im Finale des »Frank Wildhorn Award for Musical Theatre« in Graz und am 3. und 4. Oktober 2009 wird es nochmals in Herne aufgeführt. Mit im Ensemble steht Dramaturg Ingbert Edenhofer als Mandarin selbst aktiv singend auf der Bühne. Edenhofer und Chimienti lernten sich über das Internet kennen und zeichnen sich als Autorenteam weiterhin für die Musical-Comedy O, Fotowand, o! aus, bei der es um die Sammlung von 99 Männern auf einer Fotowand geht, mit denen Veronique gerne Sex haben will. Ein Objekt der Begierde ist Lasse, ein Schulfreund von Ruth, der für einen handfesten Streit der Freundinnen sorgt. Nach Aufführungen in Herne wird das Stück am 27. September im Ebertbad in Oberhausen auch komplett zu sehen sein. Vom gleichen Autorenteam stammt ebenfalls die Shakespeare-Adaption Viel Lärm und ich, die im Rahmen von Mission: Musical erstmals vorgestellt wurde. Für diese drei Projekte steht klar die kommerzielle Ausrichtung im Vordergrund. Daher sollen in Zukunft die Castings etwas anspruchsvoller werden. Da es sich um komplett neue Eigenkompositionen handelt und nicht bei allen Amateuren eine musikalische Vorbildung vorausgesetzt werden kann, stellen die Autoren alle Songs bereits vorgesungen zur Verfügung. Alle Hauptrollen werden mehrfach besetzt und vor den Aufführungen müssen die Darsteller damit rechnen, fünfmal wöchentlich zu Proben gebeten zu werden. Durch Mundpropaganda und die Werbung über das Musicalnetzwerk soll es gelingen, Zuschauer für die unbekannten Stücke zu gewinnen.

Die Gruppe Musicalities hat es sicherlich leichter, ein Publikum für ihre Projekte zu finden, denn diese reine Benefiz-Gruppe spielt bekannte Musicalhits mit der Originalmusik in gekürzter Form nach. In den letzten drei Jahren konnten mit dem Stück »Elisabeth – Tanz mit dem Tod« in sieben Vorstellungen und zwei Galas rund 10.000 Euro für gute Zwecke gesammelt werden – alles aus Spenden der Zuschauer, da der Eintritt für alle Vorstellungen gratis war. Jetzt arbeitet das Team um Sarah Riesner an der Umsetzung des Vampir-Klassikers Tanz der Vampire – Fühl die Nacht. Alle ehrenamtlichen Mitglieder schneidern ihre Kostüme selbst nach dem großen Vorbild nach und verwirklichen eigene Ideen für Zwischensequenzen, um Zeit für Umzüge zu schaffen.

Die Mission: Musical-Gala als Vorstellung dieser Amateur-Projekte machte Lust auf mehr, selbst wenn der ein oder andere Ton mal etwas danebenlag. Hier geht es in erster Linie um den Spaß an der Musik und das Ziel, als Ex-Zuschauer einmal selbst über sich hinauszuwachsen und den Mut zu haben, sich auf einer Bühne zu präsentieren. Allein dies hat bereits Respekt verdient und wenn sich dazu noch tatsächlich Talent zeigt, hat Deutschland vielleicht seinen nächsten Musicalstar gefunden.

© Text & Fotos by Stephan Drewianka; dieser Bericht erschien ebenfalls in der Zeitschrift BLICKPUNKT MUSICAL, Ausgabe 03/09 Juli-August 2009

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